Wutbürger/innen! Leute, denen das Geimpfte aufgeht. Eine Erscheinung der Neuzeit? Bereits vor über einem halben Jahrhundert hat Heimito von Doderer dieser Spezies in Die Merowinger ein großartiges Denkmal gesetzt. Sein Choleriker Childerich III., gleichnamig mit dem letzten Merowingerkönig, gelangt durch ein ausgeklügeltes System von Heiraten und Adoptionen zu Macht. Er schafft die totale Familie, ist unter anderem sein eigener Vater, Großvater, Onkel, Cousin. Daneben wird in dem Roman eben unglaublich viel gewütet, geprügelt, geschlagen, getreten – teils aus Rache, teils aus purer Lust. Mit Die Merowinger hat sich Doderer einen großen Jux erlaubt. Einen Jux, der eigentlich gnadenloser Ernst ist und die Attraktion des totalitären Faschismus offenlegt.
Es wird etwas vorweggenommen, was mittlerweile gang und gäbe ist: der radikal auf sich selbst bezogene Einzelne, dem jedes Mittel recht ist, um an die Macht zu gelangen. Die Merowinger? Ein moderner, sehr wienerischer Richard III., auch wenn die Geschichte eigentlich in Franken spielt. Ein Riesenspaß, bei dem einem mitunter die Wut unkontrolliert hochzukochen droht.
Für Anna Badoras Eröffnungspremiere bearbeitet der vielfach preisgekrönte österreichische Autor und Dramatiker Franzobel den letzten Roman Doderers für die Bühne.
Regie Anna Badora
Bühne Paul Lerchbaumer, Michael Mayerhofer
Kostüme Beatrice von Bomhard
Musik Klaus von Heydenaber
Sounddesign Gábor Keresztes
Dramaturgie Julie Paucker
mit Michael Abendroth, Bernhard Dechant, Peter Fasching, Thomas Frank, Günter Franzmeier, Katrin Grumeth, Julia Kreusch, Sebastian Pass, Renata Prokopiuk, Lisa-Maria Sommerfeld
SO 15. SEP 2019 19.30
DI 17. SEP 2019 19.30
FR 20. SEP 2019 19.30
DI 24. SEP 2019 19.30