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"Die Italienerin in Algier" - Staatstheater Karlsruhe

Dramma giocoso von Gioacchino Rossini

Premiere A: Samstag, 7. Juni 2008, 19.30 Uhr I Opernhaus

Premiere B: Dienstag, 10. Juni 2008, 20 Uhr I Opernhaus

 

Als sei es in Italien nicht aufregend genug, schickt Rossini seine rassige Italienerin auf die Reise bis nach Algier.

 

Ihr Liebhaber Lindoro steckt dort nämlich im Serail hinter Schloss und Riegel und ist nicht Manns genug, sich selbst zu befreien. Da muss schon eine Isabella her – und die hat die Hosen an! Mit dem trotteligen Verehrer Taddeo im Gepäck, holt sie den sich als Scheich gebärdenden Mustafa wieder auf den Perser-Teppich, gibt dessen verstoßener Ehefrau Elvira Emanzipationsnachhilfe und mischt die orientalische Männerwelt gehörig auf. „Wenn eine Frau es richtig anstellt, wird sie mit jedem Manne fertig“, heißt es dazu im Textbuch – natürlich inklu-sive des eigenen, der Isabella am Ende brav in die Heimat folgt.

 

Rossini komponierte mit der 1813 uraufgeführten Oper ein Spiel über Geschlechterklischees, Vorurteile und Ressentiments und über vermeintliche Fremdheit und Exotik. Der Schauplatz ist zwar ein arabischer Harem, doch eigentlich kommen uns die dort vorgestellten Beziehungen zwischen Männern und Frauen verdächtig bekannt vor.

 

Wer jedoch tief greifende Auseinandersetzungen, handfeste Gebrauchsanweisungen zum interkulturellen Dialog erwartet, wird angenehm enttäuscht sein: Es herrscht stattdessen der entfesselte Irrsinn, Situationskomik pur. Keine Pointe ist absurd genug, keine Leidenschaft zu lächer-lich, keine Finte zu offensichtlich. Rossinis Musik, die alles mit sich reißt, entfaltet im Finale eine Eigendynamik von geradezu dadaistischer Qualität, zerlegt Töne in Splitter, atomisiert jeglichen Sinnzusammenhang. Es lebe die Groteske!

 

Stendhal, der die Oper im Jahre 1817 in Vicenza sah, bekannte: „Das Publikum, wir alle, haben Tränen gelacht“ und: „Es ist der organisierte Wahnsinn“.

 

Musikalische Leitung: Daniel Carlberg I Regie: Yekta Kara | Bühne: Christian Floeren | Kostüme: Ute Frühling | Chor: Carl Robert Helg

 

Mit: Gustav Belacek / Ulrich Schneider / Luiz Molz (Mustafa), Ina Schlingensiepen / Natalia Melnik (Elvira), Sabrina Kögel / Pinar Yildirim (Zulima), Luiz Molz / Lukas Schmid / Arman Isleker (Haly), Jung-Heyk Cho (Lindoro), Ewa Wo-lak (Isabella), Walter Donati / Ks. Edward Gauntt (Taddeo)

Badischer Staatsopernchor, Badische Staatskapelle

 

Weitere Vorstellung: 27.6.2008

 

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