Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
DIE HEIMKEHR DES ODYSSEUS (Il ritorno d`Ulisse in patria) von Claudio Monteverdi, Wuppertaler BühnenDIE HEIMKEHR DES ODYSSEUS (Il ritorno d`Ulisse in patria) von Claudio...DIE HEIMKEHR DES...

DIE HEIMKEHR DES ODYSSEUS (Il ritorno d`Ulisse in patria) von Claudio Monteverdi, Wuppertaler Bühnen

Premiere, 15.01.2010, 19.30 UHR, OPERNHAUS

 

Odysseus ist ein Kriegsheimkehrer, der es nach 10 Jahren trojanischer Fehde nicht sonderlich eilig hat zu Frau, Kind und Herd nach Ithaka zurückzukehren.

Bei Homer liest es sich zunächst anders: dort heißt es, er müsse

aus den liebenden Fängen der Nymphe Calypso „befreit“ werden. Doch der Mythos ist mehrschichtig zu lesen, sodass wir annehmen können, dass ihm die Zeit des „Verliegens“ nicht ganz unangenehm war. Angekommen auf seiner Heimatinsel, wird er von der ihm gewogenen Minerva besetzt als Hauptfigur im Intrigenspiel seiner eigenen Rettung: als Herrscher, Vater und Gemahl. Als Göttin der Weisheit ist sie die adäquate Verbündete für den „Listenreichen“, dem eine beängstigende Intelligenz zugeschrieben wird (er war der Erfinder des Trojanische Pferdes).

 

Wie Adorno und Horkheimer am Beispiel des Odysseus in ihrer „Dialektik der Aufklärung“ gezeigt haben, leidet das Subjekt der Aufklärung unter dem Verlust des archaischen Ichs. Seine eigene Intelligenz tritt ihm als selbstzerstörerische entgegen. Oder: das Ich entdeckt, spätestens seit Sigmund Freud, in sich und (auch um ihn herum) seinen eigenen angeschwemmten Müll.

 

Dieser wird an die Ränder und Ufer der klaren, lichten Bühne, auf der der Wuppertaler „Ulisse“ spielt, angespült. Gestalten des Mythos inszenieren sich retrospektiv als multiple Figuren heutiger Realität, auch Ulisse schleicht

sich undercover auf das Schlachtfeld. Die Freier belagern Penelope, der langsam die Vorräte ausgehen, wie eine Burg. Ulisse ist schließlich der einzige, der der Prüfung seiner Identität standhält (er spannt den Bogen!) – doch ausgerechnet diejenige, die doch mit dem Herzen sehen sollte, glaubt ihm lange nicht. Vielleicht sieht sie als einzige, dass der Ulisse, den sie kannte, mit dem, der zurückkehrte, nicht mehr viel zu tun hat.

 

Banu Böke singt die Minerva, Joslyn Rechter die Penelope, Timothy Sharp den Ulisse, Christian Sturm den Telemaco.

 

Musikalische Leitung: Boris Brinkmann

Inszenierung: Jacob Peters-Messer

Bühnenbild: Markus Erik Meyer

Kostüme: Sven Bindseil

Choreinstudierung: Jens Bingert

Dramaturgie: Johannes Blum

 

Mit: Banu Böke, Joslyn Rechter, Miriam Scholz, Ute Temizel, Marco Agostini, Peter König, Miljan Milović, Nathan Northrup, Thomas Schobert, Timothy Sharp, Christian Sturm

Sinfonieorchester Wuppertal

 

Die nächste Vorstellung ist am 17. Januar 2010 im OPERNHAUS.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑