Der Kuhraub hat gute Gründe: Rebekkle ist zwar hübsch, aber arm, und damit ist der Weg zum Ehestand versperrt. Ihre Lage ist umso prekärer, kündigt sich doch bereits Nachwuchs an. Helm Schwarz, ihr Liebhaber und der Bruder von Rebekkles bester Freundin Nane, kuscht vor den Eltern, die sich für ihren Sohn eine reiche Braut wünschen. Als Vater Palmer den reichen Bauernsohn Manuel Kolb allein in Rebekkles Kammer erwischt, ergreift er die Gelegenheit beim Schopf und sichert sich als Pfand Manuels Schuhe und Hose. Erpressen lassen wollen sich dessen Eltern natürlich nicht. Dann aber führt Rebekka plötzlich diese gescheckte Kuh vorbei und plötzlich ist sie heiß begehrt. Der Diebstahl kommt natürlich auf,
Rebekka scheint schon ihrem Schicksal als Diebin und uneheliche Mutter
ausgeliefert, da bestimmt die maschinengöttliche Gewalt des Herrn
Oberamtmann, dass der scheinbare Vater Manuel Kolb Alimente bezahlen
soll, die nun den richtigen Vater und Geliebten animieren sie zu heiraten: Der
Kuhhandel zwischen brutalen und zärtlichen Instinkten wird in rascher
Szenenfolge abgehandelt, hartkantig und präzise wie ein expressionistischer
Holzschnitt.
Die drastische Komik des Stückes, das für Hermann Essig zu seinen
‚Heimaterinnerungen’ gehörte wird unterhöhlt durch Essigs sezierende
Sprache, die die Habgier, den Neid, die Dumpfheit der Bauern heraustreibt.
Der Blick von der Großstadt Berlin auf das Dorf seiner Kindheit verklärt es
nicht zur Idylle, sondern zeigt das Regelsystem und die
generationsübergreifenden Denkhaltungen der bäuerliche Gesellschaft als
Zwangskollektiv und Notgemeinschaft, in der das ‚Ich’ viel weniger wichtig ist
als das ‚Wir.’
Hermann Essig:
Als Sohn des Truchtelfinger Pfarrers 1878 geboren, verbrachte Essig seine
Schulzeit in Weinsberg und Heilbronn, wo er am Karlsgymnasium sein Abitur
absolvierte. Er studierte an der Technischen Hochschule in Stuttgart. 1902
musste er wegen einer Lungenerkrankung zur Kur in die Schweiz und
begann dort zu schreiben. Ab 1904 lebte er in Berlin, zunächst als
Technischer Zeichner bei einem befreundeten Ingenieur, dann als freier
Schriftsteller. Er heiratete 1905 die Witwe von Emil Rosenow, eines
sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten und Schriftstellers. In den
Folgejahren versuchte er, im literarischen Leben Berlins Fuß zu fassen.
Bis zu diesem Zeitpunkt gab es weder eine Aufführung noch einen Verlag,
der sich Essigs angenommen hätte. Über den Lektor des S. Fischer Verlags
Moritz Heimann kam der Schwabe schließlich zum Verlag Paul Cassirer. Hier
erschienen die schwäbischen Lustspiele Die Weiber von Weinsberg und Die
Glückskuh. Erst jetzt nahm die Kritik langsam von Essig Notiz, der
unablässig weiterschrieb.
1913 bedeutete für ihn die Verleihung des Kleist-Preis durch Jakob Schaffner (für den Held vom Wald) einen großen finanziellen und ideellen Erfolg. 1914 wird Essig zum Kriegsdienst eingezogen. 1917/1918 wird Essig für ein Jahr wird wegen Neurasthenie vom Wehrdienst freigestellt. 1918 wird Essig im April wieder zum Militärdienst berufen. Die Tragödie Mira, die Silberbraut bleibt unvollendet. Am 21. Juni stirbt Essig in Berlin Lichterfelde an einer Lungenentzündung.
Insgesamt verfasste er sechzehn Dramen, die naturalistische,
expressionistische und klassische Elemente verquicken. Sie sind von
Realismus gekennzeichnet und weisen stilistische und inhaltliche Bezüge zu
Gerhart Hauptmann und Frank Wedekind auf. Themen sind eine gegen das
Bürgertum gerichtete Sozialkritik, die Isolation des Einzelnen und die
Absurdität der menschlichen Existenz. Die nicht selten drastische Darstellung
und Thematisierung von Sexualität sowie starke satirische Elemente riefen
häufig den Zensor auf den Plan.
Eine bayerische Fassung der Glückskuh spielte das Münchner Volkstheater
Ruth Drexels 1988/89 sehr erfolgreich. Sie wurde auch für das Fernsehen
aufgezeichnet.
Rebekka Palmer Katrin Hauptmann
Vater Palmer Martin Olbertz
Nane Schwarz Alexandra-Maria Nutz
Helm Schwarz Alexander Meile
Vater Schwarz Wolfgang Pevestorf
Manuel Kolb Maximilian Laprell
Vater Kolb Mario Plaz
Mutter Kolb Heide Capovilla
Schultheiß Markus Menzel
Büttel / Landjäger Andreas Jähnert
Zeugen 6 Statisten Männerchor Bregenz
Regie Bernadette Sonnenbichler
Bühnenbild Peter Torp
Kostüme Tanja Kramberger
Dramaturgie Dorothée Bauerle-Willert
Weitere Aufführungen: 18.01./ 21.01./ 27.01./ 29.01./ 09.03./
20.03. 2011 jeweils um 19.30 Uhr