Angelehnt an den Anschlag einer sozialrevolutionären Gruppe auf den russischen Großfürsten Sergej von 1905, entwirft Camus 1949 den Diskurs innerhalb einer Terrorzelle, die sich in ihrem Kampf zur »Befreiung des russischen Volkes« über das Maß an anzuwendender Gewalt uneins ist. Der Streit entflammt, als der erste Attentats versuch misslingt; Iwan Kaljajew, der »Poet«, entschließt sich im letzten Moment, die Bombe nicht zu werfen, weil in der Kutsche des Großfürsten auch Kinder sitzen.
Das Leben von Unschuldigen als Preis für den Kampf gegen die Gewaltherrschaft des Zarenregimes ist ihm zu hoch. Dem jüngst aus dem Zuchthaus geflohenen Stepan, dem Hardliner der Gruppe, ist dagegen jedes Mittel recht im revolutionären Prozess. Doch die anderen Mitglieder schließen sich Kaljajews Haltung an. Zwei Tage später wiederholt er den Anschlag, und der Großfürst kommt ums Leben. Iwan Kaljajew ist im Gefängnis selbst angesichts seiner Hinrichtung nicht bereit, seine Mitkämpfer zu verraten.
Geprägt durch die Erfahrungen in der französischen Résistance sah Albert Camus im politischen Attentat ein legitimes Mittel zur Bekämpfung von Tyrannei, gerechtfertigt, sofern die Täter bereit waren, mit ihrem Leben zu bezahlen. Er skizziert gewissermaßen einen Ehrenkodex für Revolutionäre. Heute dagegen scheinen den vielen Selbstmordattentätern mit Sprengstoffgürteln die Opfer vollkommen gleichgültig zu sein. Acht Schauspieler erinnern auf der Bühne mit diesem Stück an einen fast vergessenen Disput.
REGIE: MICHAEL GRUNER
BÜHNE: MICHAEL SIEBEROCK-SERAFIMOWITSCH
KOSTÜME: GABRIELE STERZ
DRAMATURGIE: BARBARA NOTH
MIT MICHAEL ABENDROTH, WOLF ANIOL, REINHART FIRCHOW, MARIANNE HOIKA, WINFRIED KÜPPERS, DIRK OSSIG, LOUISA STROUX, ANDREAS WEISSERT