Doch dann breiten sich Schatten aus in Gestalt der beiden spukhaften Erscheinungen Miss Jessel und Mister Quint, ehemalige Angestellte, die auf ungeklärte Weise ums Leben kamen. Noch als Tote scheinen sie Einfluss auf die Kinder zu haben.
Wie bei Brittens Opernthemen generell geht es auch in der 1954 uraufgeführten Kammeroper „The Turn of the Screw“ nach der gleichnamigen Novelle von Henry James um die Frage nach Schuld und Unschuld als zentrale moralische Kategorien. So rätselhaft und vieldeutig die Handlung von „The Turn of the Screw“ ist, so greifbar wirkt das Unaussprechliche, die allgegenwärtige Beunruhigung, die Furcht vor dem Namenlosen. Das Nicht-Formulieren von Nöten und Ängsten entfesselt einen Strudel von Verdächtigungen, dessen Sogwirkung sich auf meisterliche Art in Brittens Musik entfaltet.
„Durch die Unterdrückung all dessen, was das Herz bewegt, entsteht eine unfassbare Reibung, eine Konzentration, ein Druck, der sich zerstörerisch nicht nur auf das System, sondern auch auf den Einzelnen auswirkt“, beschreibt Immo Karaman die charakteristische Spannung dieser Kammeroper. Die Protagonisten befinden sich in einer Atmosphäre allgegenwärtiger Beunruhigung. Nichts ist eindeutig, greifbar oder erklärbar – vielmehr will Karaman das Publikum dazu anregen, sich der eigenen Fantasie zu stellen. Geistergeschichte oder Psychodrama? Weder das Stück noch Brittens suggestive Komposition geben darauf eine eindeutige Antwort. Umso deutlicher wird spürbar, wie sich die Schraube der Geheimnisse und Vermutungen immer enger dreht und auf eine Katastrophe zusteuert.
Mit „The Turn of the Screw“ kommt die dritte Regiearbeit von Immo Karaman an die Deutsche Oper am Rhein und ergänzt den mit „Peter Grimes“ (2009/10) und „Billy Budd“ (2010/11) begonnenen Britten-Zyklus. Im Team mit Kaspar Zwimpfer, der für sein beeindruckendes Bühnenbild bei „Peter Grimes“ für den Deutschen Theaterpreis FAUST nominiert wurde, setzte Karaman Brittens Kammeroper 2007 bereits in Leipzig in Szene und erarbeitet sie jetzt mit den Solisten der Deutschen Oper am Rhein. Für die Rollen von Miles und Flora wurden vier Kindersolisten aus Großbritannien engagiert, die alternierend in den Vorstellungen zu erleben sein werden.
Am Freitag, 4. Mai ist Premiere im Opernhaus Düsseldorf, am Freitag, 1. Juni im Theater Duisburg. In beiden Häusern spielen die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Wen-Pin Chien. Sylvia Hamvasi ist als The Governess, Marta Márquez als Mrs. Grose zu erleben, Anke Krabbe tritt als spukhafte Miss Jessel in Erscheinung, Corby Welch als Peter Quint. Die Rollen der Kinder Miles und Flora übernehmen alternierend Harry Oakes und Kaisun Raj sowie Eleanor Burke und Yolanda Shamash.
Aufführungen im Opernhaus Düsseldorf: Fr 04.05. 19.30 Uhr | So 06.05. 18.30 Uhr | So 13.05. 18.30 Uhr | So 20.05. 15.00 Uhr | Di 22.05. 19.30 Uhr | Sa 26.05. 19.30 Uhr | So 10.06. 15.00 Uhr
Aufführungen im Theater Duisburg: Fr 01.06. 19.30 Uhr | Mi 06.06. 19.30 Uhr | Fr 08.06. 19.30 Uhr
Tickets und Besucherservice: Opernshops Duisburg (Tel. 0203.9 40 77 77) und Düsseldorf (Tel. 0211.89 25 211), www.operamrhein.de