Der rechtsextremistischen Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund werden bis heute zehn Morde, zahlreiche Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle zur Last gelegt. In der Dortmunder Mallinckrodtstraße erschossen die Täter am 4. April 2006 den Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık. Entgegen anderslautender Zeugenaussagen vermuteten die ermittelnden Behörden die Täter lange im Drogenmilieu – das ist eine von zahlreichen Ungereimtheiten, nicht nur in Dortmund. Nach der Verhaftung von Beate Zschäpe am 8. November 2011 und den vorangegangenen Suiziden der NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt werden vier Untersuchungsausschüsse eingesetzt. Denn allzu ungereimt erscheint heute die Rolle diverser Organe des Staats- und Verfassungsschutzes, die das NSU-Trio jahrelang überwachten – bis hin zur mutmaßlich absichtlichen Vernichtung von Beweismaterial: Zufall, Dummheit, Versehen oder Vorsatz?
Seit Mai 2013 steht Beate Zschäpe im Münchner NSU-Prozess vor Gericht – doch die Hauptangeklagte schweigt zu allen Tatvorwürfen und hat erst jetzt angekündigt, zu den Tatvorwürfen auszusagen..
Um dieses verhärtete Nichts, das ausufernden Spekulationen Raum gibt, fließt Elfriede Jelineks mäandernder Gedankenstrom – ein unendliches Sprechen. Die Nobelpreisträgerin fächert wie unter einem Kaleidoskop das Thema der Schuld auf, sucht die Lücke zu füllen und das beharrliche Schweigen zu vertreiben.
Elfriede Jelinek, aufgewachsen in Wien, zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen GegenwartsautorInnen. Sie verfasste eine Vielzahl von Theaterstücken. Zu ihrem umfangreichen Werk zählen neben Lyrik und Prosa – u. a. Die Klavierspielerin, Lust und Gier – auch Essays, Hörspiele, Drehbücher, Libretti und Übersetzungen. Sie polarisiert mit ihren Positionen, die sich stets auf Politisches und Privates gleichermaßen beziehen. Jelinek erhielt neben zahlreichen Preisen den Nobelpreis für Literatur (2004).
Michael Simon, 1994 mit seiner Dortmunder Inszenierung The Black Rider zum Berliner Theatertreffen eingeladen, setzt den assoziativen und fließenden Text mit sechs Schauspielern des Ensembles und dem Dortmunder Sprechchor in Szene: weniger Geschichte, vielmehr Erlebnis und sinnliche Erfahrung, die die Verantwortung des Einzelnen ins Geschehen zurückholt.
Regie und Bühne: Michael Simon
Kostüme: Mona Ulrich
Musik / Komposition: Tommy Finke
Licht: Sibylle Stuck
Dramaturgie: Michael Eickhoff
Regieassistenz: Wiebke Rüter
Bühnenbildassistenz: Ronny Wollmann, Yaroslava Sydorenko
Kostümassistenz: Vanessa Rust, Yaroslava Sydorenko
Inspizienz: Tilla Wienand
Soufflage: Marie Helbing
Mit: Frank Genser, Marlena Keil, Bettina Lieder, Uwe Schmieder, Friederike Tiefenbacher, Merle Wasmuth
Mit dem Dortmunder Sprechchor
Do, 17. Dezember 2015
So, 27. Dezember 2015
Sa, 16. Januar 2016