Eine Begegnung mit dem Thema »Musik und Zeit« und dem Werk Bernd Alois Zimmermanns ermöglicht das viertägige internationale Musikfestival cresc…2013 – Biennale für Moderne Musik Frankfurt Rhein Main vom 21. bis 24. November 2013. In seiner zweiten Auflage wird das Festival nicht nur von drei auf vier Tage erweitert, auch kommen neben neuen Konzertformaten als neue Kooperationspartner und Spielstätten das Staatstheater Darmstadt und die Alte Oper Frankfurt hinzu.
Zwei Hauptwerke Bernd Alois Zimmermanns
Zimmermanns Musik ist ein Amalgam, die Collage ein herausragendes Stilmittel. Unterschiedlichste Zeitstränge werden verwoben. Gebrauchsmusik, Jazz, serielle Musik, komplexe Formen finden sich bei Zimmermann in einem großen Ganzen. Zwei Hauptwerke des Komponisten bilden den Rahmen des cresc…-Festivals. Im Eröffnungskonzert präsentiert das Ensemble Modern ›Musique pour les soupers du Roi Ubu‹. Die groteske Figur des Königs Ubu, von Surrealisten und Dadaisten einst zur Kultfigur erhoben, bildet den Ausgangspunkt für die kompositorische Überlagerung verschiedenster Zitate von der Musik des Mittelalters bis hin zu Jazz und Popsongs. Im Geiste dieser Innovationskraft präsentiert das Ensemble Modern an der Seite des ›Roi Ubu‹ drei Uraufführungen von Beat Furrer, Arnulf Herrmann und Vito Žuraj. Žurajs Werktitel ›Übürall‹ bringt bereits die Allgegenwart der absurden Gestalt des Roi Ubu zum Ausdruck.
Im Abschlusskonzert realisiert das hr-Sinfonieorchester mit hr-Bigband, Solisten, Sprecher und drei Chören das monumentale ›Requiem für einen jungen Dichter‹, ein wahrer Fundus an Gefühlen und Reflexionen. Erinnerungsfetzen tauchen empor, vergessen geglaubte Einflüsse auf das eigene Werk, auf das gesellschaftliche Leben treten hervor. Düsenjäger-Geheul und Textfragmente Mao Zedongs gehören genauso dazu wie musikalische Zitate aus ›Hey Jude‹ oder dem Free Jazz. Zimmermanns Vision von der Kugelgestalt der Zeit wird räumlich erfahrbar, auf verschiedenen Ebenen wird zeitlich gebundenes Geschehen gleichzeitig erlebbar. Sein »pluralistisches Kompositionsverfahren«, wie er es nannte, stellt hohe Anforderungen an alle Musiker, vor allem an den Dirigenten Matthias Pintscher, aber auch an den Klangregisseur Norbert Ommer.
Jazz und Neue Musik – hr-Bigband und Ensemble Modern
»Es gibt Jazzer, die neue Musik machen, und Avantgardisten, die Jazz machen«, stellte Bernd Alois Zimmermann schon 1968 fest. »Exakt diese Annäherung werden die Besucher von cresc…2013 erleben«, sagt hr-Bigband-Manager Olaf Stötzler, »denn Mitglieder der hr-Bigband werden erstmals gemeinsam mit dem Ensemble Modern auf der Bühne stehen und auch zusammen ein völlig neues Projekt entwickeln. Auf diese neuartige, sehr enge Zusammenarbeit freuen wir uns ganz besonders.« Schon bei cresc…2011 war die hr-Bigband mit eigenen Konzerten vertreten. Nun geht sie einen Schritt weiter: Bei »Unlimited« trifft sie schon in der Entwicklungsphase mit dem Ensemble Modern zusammen. Doch was passiert, wenn zwei Ensembles unterschiedlicher Prägung gemeinsam etwas Neues
erschaffen wollen? Die beiden Posaunisten Uwe Dierksen und Christian Jaksjø trafen sich zuerst und merkten, dass die Offenheit gegenüber neuen Konstellationen auf beiden Seiten da war. Eins wurde schnell klar: die Arbeitsform – offen, musikergesteuert und möglichst kollektiv. Es folgte eine freie, von Experimentieren und Improvisieren geprägte Probensituation, die Konstellationen wechselten ständig. Für die Aufführung wird das Konzept eines durchgehenden musikalischen Ablaufs realisiert, in dem sich Kompositionen von vier der beteiligten Musiker wiederfinden werden.
Neue Formate: Live-Remix, Konzert-Hörspiel, Tanzperformance
Neben neuen Spielstätten und Festivalpartnern treten auch neue Veranstaltungs-formate hinzu. So bieten die Gebrüder Teichmann im Frankfurter saasfee *Pavillon einen Live-Remix des Eröffnungskonzerts. Mit der Uraufführung des Konzert-Hörspiel ›Die Befristeten‹ mit dem IEMA-Ensemble wird die Situation des Hörspiels, für gewöhnlich nur Resultat einer »unsichtbaren« Studioproduktion, bei cresc…2013 zum Live-Ereignis: Zu Elias Canettis dramatischem Text ›Die Befristeten‹ hat Michael Obst eigens für das IEMA-Ensemble in Anknüpfung an Bernd Alois Zimmermanns Hörspiel-Fassung von 1967 eine abendfüllende Partitur geschrieben. Im Staatstheater Darmstadt ist eine Tanzperformance mit Tänzern der Tanzkompanie ID_Frankfurt zu Zimmermanns ›Présence‹ mit Musikern des Ensemble Modern zu erleben.
Education-Projekte im Rahmen von cresc…
Ebenfalls neu sind die Education-Projekte von cresc... . 220 Schülerinnen und Schüler entwickeln eine Woche lang im Rahmen des KulturTagJahrs der Altana Kulturstiftung in der Landesmusikakademie Schlitz gemeinsam mit den Musikern des Ensemble Modern, zwei Musikpädagogen, dem Autor Matthias Göritz und dem Schauspieler Michael Benthin vom Schauspiel Frankfurt eigene kompositorische Ideen zum Festivalthema »Musik und Zeit« und speziell zu Zimmermanns ›Roi Ubu‹, dessen »surrealistischer Charakter sich wunderbar eignet, die jungen Menschen anzuregen und zu interessieren«, so der Musikpädagoge Fraser Trainer. Die Ergebnisse der Auseinandersetzung werden in mehreren Abschlussveranstaltungen im Frankfurt LAB präsentiert. Für Kinder veranstaltet die Alte Oper Frankfurt im Rahmen von cresc… das Konzert ›Das verflixte an der Zeit‹.
Zu Gast bei cresc…
Herausragende Künstler und Ensembles sind zu Gast bei cresc…: das New Yorker Ensemble Alarm Will Sound, das Arditti Quartet mit einem Streichquartett von Morton Feldman, die Gebrüder Teichmann aus Berlin und Christiane Oelze mit einem Liedrezital. Beim Abschlusskonzert mit Zimmermanns ›Requiem‹ unter Leitung von Matthias Pintscher wirken neben dem hr-Sinfonieorchester und der hr-Bigband auch der WDR-Rundfunkchor Köln, der Tschechische Philharmonische Chor Brünn, die EuropaChorAkademie und die Solisten Marisol Montalvo und Leigh Melrose mit. Reinhold Friedrich wird mit Zimmermanns Trompetenkonzert ›Nobody knows de trouble I see‹ zu Gast sein.
Die Träger des Festivals cresc…
Veranstalter von cresc… sind das Ensemble Modern und das hr-Sinfonieorchester in Kooperation mit dem Internationalen Musikinstitut Darmstadt und der Alten Oper Frankfurt und in Zusammenarbeit mit dem Staatstheater Darmstadt, dem Institut für zeitgenössische Musik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und der Internationalen Ensemble Modern Akademie. Ermöglicht wird die Biennale durch die Unterstützung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain und weitere Projektpartner.
Kurzübersicht
Interpreten:
Arditti Quartet, Alarm Will Sound, Ensemble Modern, Tony Arnold, EuropaChorAkademie, Hélène Fauchère, Reinhold Friedrich, Gebrüder Teichmann, Christian Hommel, hr-Bigband, hr-Sinfonieorchester, IEMA-Ensemble, Johannes Kalitzke, Brad Lubman, Leigh Melrose, Marisol Montalvo, Christiane Oelze, Franck Ollu, Matthias Pintscher, Eric Schneider, Karl-Heinz Steffens, Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn, WDR Rundfunkchor Köln.
Bernd Alois Zimmermann:
Musique pour les soupers du Roi Ubu, Présence, Requiem für einen jungen Dichter, Suite aus Das Gelb und das Grün, Sinfonie in einem Satz, Trompetenkonzert Nobody knows de trouble I see, Oboenkonzert, Kammermusikwerke und Lieder.
Uraufführungen:
Fünf Auftragswerke des Internationalen Kompositionsseminars von Martin Grütter, Daniel Moreira, Evis Sammoutis, Lu Wang und Karin Wetzel und neue Werke von Sian Friar, Beat Furrer, Markus Hechtle, Hanspeter Kyburz, Michael Obst zum 10. Jubiläum der Internationalen Ensemble Modern Akademie und Vito Žuraj.
sowie Kompositionen von:
John Adams, Mark Andre, Leonard Bernstein, Morton Feldman, Arnulf Herrmann, Payton MacDonald, Olivier Messiaen, Conlon Nancarrow, Wolfgang Rihm und Anton Webern.
Jugendprojekte:
KulturTagJahr der Altana Kulturstiftung und Kinderkonzerte in der Alten Oper Frankfurt
Veranstaltungsorte:
Alte Oper Frankfurt, Frankfurt, Opernplatz
hr-Sendesaal, Hessischer Rundfunk, Frankfurt, Bertramstraße 8
Frankfurt LAB, Frankfurt, Schmidtstraße 12
saasfee*pavillon, Frankfurt, Bleichstraße 64
Staatstheater Darmstadt, Darmstadt, Georg-Büchner-Platz 1
Das genaue Programm finden Sie unter:
www.cresc-biennale.de
Eintrittskarten:
Festivalpass 110 Euro (ermäßigt 70 Euro)
Einzelkarten für 8 bis 25 Euro (Ermäßigung möglich)
Tickets online unter www.hr-ticketcenter.de und www.frankfurt-ticket.de,
www.staatstheater-darmstadt.de sowie anderen Vorverkaufsstellen.