Das Stuttgarter Ballett tanzt das Stück in 12 Aufführungen von November 2010 bis Juli 2011.
Spucks Leonce und Lena setzt die gleichnamige literarische Vorlage, Georg Büchners 1836 entstandene Parodie des an Langeweile und Müßiggang krankenden Adels, choreographisch in eine messerscharfe politische Persiflage voller Humor und Ironie um. Die originelle Tanzsprache von Christian Spuck kombiniert mit der fantasievollen Bühnenausstattung und Kostümen von Emma Ryott ergeben eine wunderbar moderne Version der Königskinder-Komödie.
Leonce und Lena.
Zur Handlung
Im Mittelpunkt der Handlung steht das Liebespaar Leonce und Lena. Er, der Prinz aus dem Reiche Popo, und sie, die Prinzessin aus dem Reiche Pipi, wurden sich zu Kinderzeiten versprochen, ohne einander zu kennen. Beide wachsen verhätschelt und umringt von einem großen Hofstaat auf. Leonce krankt an unendlicher Langeweile, Lena empfindet die Welt als sinnlos und eng. Um der ungewollten Ehe und vor allem den Aufgaben als zukünftiger König zu entgehen, bricht Leonce mit seinem Freund Valerio und dem Bild einer idealen Frau im Kopf nach Italien auf. Gleichzeitig flüchtet Lena mit ihrer Gouvernante vor einem Leben in ehelicher Gefangenschaft ohne Liebe. In einem Wirtshaus kurz hinter den Landesgrenzen begegnen sich die bis dahin einander Unbekannten erstmals - und verlieben sich ineinander. Sie beschließen, ohne die Erlaubnis der elterlichen Häuser zu heiraten: als Maskierte am eigenen Hofe! König Peter lässt die „Fremden“ trauen. Mit der darauffolgenden Demaskierung des Brautpaars stellen sowohl das Königshaus als auch Leonce und Lena die doppelte schicksalhafte Fügung fest: Der zu einem absurden „Marionettentheater” verkommene Hofstaat kann das lang ersehnte Hochzeitsfest am Ende doch begehen.
Zur literarischen Vorlage
Georg Büchner zeichnet trotz seines kurzen Lebens von nur 24 Jahren eine besondere Vielseitigkeit aus: Er war Naturforscher, Schriftsteller und politisch aktiv. Mit seinem schriftstellerischen Werk, darunter die Dramen Dantons Tod und Woyzeck, steht er zwischen der deutschen Romantik und der aufkommenden Moderne. Ihn bewegten die sozialen und politischen Missstände, welche im Spätabsolutismus und zur Zeit des Vormärzes, also vor der gescheiterten Revolution in Deutschland, die Gesellschaft prägten. So ist sein Lustspiel Leonce und Lena als ein ironisches Bild der langsam zur Farce
werdenden höfischen Gesellschaft der deutschen Kleinstaaterei konzipiert, dem aber romantische Bilder und vor allem eine beinahe märchenhafte, einfache Handlung zu Grunde liegen.
Zur Musik
Christian Spuck ist ein Meister der klug arrangierten Musikcollagen - eine Eigenschaft, für die der junge Choreograph inzwischen weithin bekannt geworden ist. Auch für Leonce und Lena bedient sich der Choreograph verschiedener musikalischer Werke, die er zu einem stimmigen Ganzen zusammen setzt und der tänzerischen Komposition an die Seite stellt: U.a. werden vom Staatsorchester Stuttgart unter musikalischer Leitung von James Tuggle zu hören sein Werke von Johann Strauß (Vater) und Johann Strauß (Sohn), Bernd Alois Zimmermann, Alfred Schnittke, Martin Donner und Hank Cochran. Die musikalische Auswahl spricht – weit über eine bloße „Begleitung“ des Geschehens hinaus – eine eigene Sprache, verweist auf die unterschiedlichen Epochen und Entstehungszusammenhänge der Werke und erschafft Stimmungen, welche gemeinsam mit Tanz und Bühnenbild die Geschichte erzählen.
Zur Choreographie
Christian Spuck schuf das abendfüllende Handlungsballett Leonce und Lena 2008 für das Aalto Ballett Theater Essen. In seiner choreographischen Umsetzung stellt Spuck die Langeweile und den Lebensüberdruss einer luxuriösen, aber beengten und erstarrten Gesellschaft in den Vordergrund. Die Karikatur, die Georg Büchner in seinem Lustspiel von der Adelsgesellschaft zeichnet, ist auch für Christian Spuck Ausgangspunkt der
Choreographie. Mithilfe seines hochkreativen und vielfältigen tänzerischen Vokabulars verleiht Spuck dem Empfinden der beiden Königskinder Ausdruck, und findet auch für die überdrehte höfische Gesellschaft und deren in gesellschaftlichen Korsetts erstarrtem Handeln eine eindrucksvolle Gestalt. In der Ausstattung der Bühne und insbesondere der Kostüme durch Emma Ryott kommt der kritisch satirische Anspruch zusätzlich zum Tragen.
Leonce und Lena
Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett
Choreographie: Christian Spuck
(empfehlenswert für Jugendliche ab 14 Jahren)
Musik: Johann Strauss, Bernd Alois Zimmermann, Martin Donner, Alfred Schnittke u.a.
Ausstattung: Emma Ryott,
Dramaturgie: Esther Dreesen-Schaback
Licht: Reinhard Traub
Weitere Aufführungstermine: 21./23./26./29. November 2010, 3./4. Dezember 2010,
21./23./25. Februar 2011, 1. März 2011, 22./23. Juli 2011
Karten unter Tel.: 0711/20 20 90 oder online unter www.staatstheater.stuttgart.de/karten
Das Stuttgarter Ballett im Internet: www.staatstheater.stuttgart.de/ballett