Doch diese Verwandlung hat einen hohen und folgenschweren Preis: Rusalka wird in der menschlichen Welt keine Sprache haben. Die Schweigsamkeit und Fremdartigkeit Rusalkas irritiert den Prinzen, der sich von ihr unverstanden fühlt und dem Werben einer anderen Frau erliegt. Zu spät erkennt der Prinz die Liebe der nun heimatlos gewordenen Rusalka und empfängt ihren todbringenden Kuss.
Das märchenhafte Motiv der Wasserfrau, die ihrem Element entsteigt, um menschliche Liebe zu gewinnen, ist in vielen Kulturen in mannigfacher Form verbreitet und hat immer wieder Dichter und Musiker inspiriert. Auch Antonín Dvořák und sein Textdichter Jaroslav Kvapil haben sich in der 1901 in Prag uraufgeführten Oper »Rusalka« auf mehrere Quellen gestützt, wie auf Hans Christian Andersens »Die kleine Seejungfrau«, Friedrich de la Motte-Fouqués »Undine« und Gerhart Hauptmanns »Versunkene Glocke«. Die Bezeichnung »Lyrisches Märchen«, die die Autoren ihrem Werk gegeben haben, hat den Interpretationsrahmen der Oper lange Zeit bestimmt. Auch das übrige Personal mit Wassermann, Hexe und Elfen und Schauplätze wie der mondbeschienene Wald und das Schloss entsprechen der Gattung des Märchens.
Doch in der differenzierten Charakterisierung der Titelfigur geht die Oper weit über Märchenhaftes hinaus und markiert den Übergang von der Märchenoper zum symbolistischen Musikdrama. Rusalka ist nicht nur ein Fabelwesen, denn sie erscheint als die liebende Frau, die die Unmöglichkeit ihrer Liebe schmerzlich reflektiert und in der Ausweglosigkeit ihres Konflikts tragische Größe gewinnt. Die Märchenallegorie öffnet sich somit der Darstellung eines individuellen Schicksals, und die Sprachlosigkeit Rusalkas in der Welt des Prinzen ist die Metapher für die unüberbrückbare Kluft zwischen Gesellschaft und Natur, zwischen dem Wort und dem namenlosen Gefühl, zwischen Zeitlichkeit und Ewigkeit.
Rusalka war Dvořáks nachhaltigster Erfolg als Opernkomponist, mit dem er 35 Jahre nach der Uraufführung von Smetanas »Verkaufter Braut«maßgeblich zur Etablierung einer tschechischen Nationaloper beitrug. Zwar steht das Werk in vielen Momenten noch unter dem Einfluss Richard Wagners. Gleichwohl besitzt Dvořáks Musik einen unverkennbar tschechischen Tonfall, dessen Leidenschaftlichkeit und Farbenpracht bereits auf die Klangsprach Leoš Janáčeks vorausweist.
Lyrisches Märchen in drei Akten (1901)
Libretto von Jaroslav Kvapil
In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung
Anja Bihlmaier
Dietrich W. Hilsdorf
Dieter Richter
Kostüme
Renate Schmitzer
Elana Siberski
Choreinstudierung
Dan Ratiu
Dramaturgie
Klaus Angermann
Prinz
Andrea Shin
Fremde Fürstin
Brigitte Hahn
Rusalka
Sara Eterno
Wassermann
Tobias Schabel
Hexe
Khatuna Mikaberidze
Heger
Stefan Adam
Küchenmädchen
Mareike Morr
Erste Elfe
Athanasia Zöhrer
Zweite Elfe
Hanna Larissa Naujoks
Dritte Elfe
Julie-Marie Sundal
Ein Jäger
Matthias Winckhler
Chor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Termine:
26.09. (Premiere), 01.10., 11.10. (Beginn 16 Uhr), 18.10. (Beginn 16 Uhr); 27.10., 20.11.15, 09.01., 11.02., 14.02. (Beginn 18.30 Uhr), 17.02.; Beginn jeweils 19.30 Uhr, wenn nicht anders angegeben.
Karten
telefonisch unter (0511) 9999 1111, im Internet unter www.oper-hannover.de, an den Tageskassen in Opern- und Schauspielhaus sowie 1 Stunde vor Vorstellungs-beginn an der Abendkasse.