Anna S., „das Sutterle“ wie die Stuttgarter sie mit echt schwäbischer Zärtlichkeit nannten, war eigentlich Soubrette, sang und siegte jedoch in den schwierigsten Partien: in Bizets „Carmen“ und Richard Strauss‘ „Salome“. Den skandalösen „Tanz der sieben Schleier“ tanzte Anna S. - als erste Sängerin überhaupt höchstselbst - im knappen Kostüm ohne das bisher übliche Double aus dem Balletcorps. Zeitgenössische Fotos zeigen eine verblüffend herbe, keineswegs auffallend attraktive Frau. Die Sutter war eine „femme fatale“, perfekt auf der Opernbühne wie auch im wirklichen Leben: während ihres Engagements brachte sie zwei uneheliche Kinder verschiedener Väter zur Welt - damals eigentlich ein Todesurteil für eine Sängerin.
Sie wechselte die Liebhaber wie ein verschwitzter Tenor seine Hemden. An der Stuttgarter Hofoper war aber alles anders: die Liebhaber mussten gehen: Sie blieb, sang weiter und erhielt sogar ein offizielles Engagement auf Lebenszeit, bevor jemand ahnte, dass diese „Lebenszeit“ schon mit 39 Jahren enden sollte. Die Stuttgarter vergötterten Ihre Diva und verziehen ihr alles, oder liebten sie, weil sie in und außerhalb der Oper etwas wagte, was das Publikum nicht wagte zu wagen. Wie in Bizets Carmen starb Anna Sutter durch die Hand eines Ex-Liebhabers, eines Wagnerianers, der als Kapellmeister einer ähnlichen und doch völlig anderen Sphäre entstammte: der des sogenannten „ernsten Lebens“ und der sie, wie er sagte, „erlösen“ wollte.
Die Kammeroper Frankfurt geht in „Anna S., Tod einer Diva“ diesem authentischen Fall nach, singt, spielt und spekuliert in Arien und Soubrettensongs von Bizet, Weil, Offenbach, Wolff, Lehar u.a., und sinniert in tragikomischen Texten und Szenen über die Faszination, Macht, Sterblich-, Lebendig- und Verletzlichkeit von Diven, über „Nietzsche contra Wagner“ um 1900 und Freuds Neuentdeckung der „Hysterie“, über Oper und das wirkliche Leben - also über die Frage: hätte es diesen Mord und Selbstmord ohne die Oper überhaupt gegeben? Und kann es überhaupt ein wirkliches Leben ohne Oper geben?
Musiktheater über das Leben und Sterben einer Operndiva
Musik und Texte von Bizet, Weill, Offenbach, Wolf, Lehar u. a.,
zusammengestellt von Bert Bresgen und Rainer Pudenz
Leitung: Rosenberg, Pudenz, Keller, Bresgen, Höckendorff, u. a.
Mitwirkende: Dzuna Kalnina + Ensemble der Kammeroper Frankfurt
Spielort: Unitarische Freie Religionsgemeinde K.d.ö.R, Fischerfeldstr. 16, Frankfurt am Main
weitere Vorstellungen: Samstag 7.; Dienstag 10.; Mittwoch 11.; Donnerstag 12. und Freitag 13.Dezember jeweils um 19.30 Uhr
Vorverkauf: Frankfurt Ticket Tel: 069-13 40 400 und an der Abendkasse
WEGBESCHREIBUNG:
Die Unitarische Freie Religionsgemeinde K.d.ö.R befindet sich in der Fischerfeldstr. 16, Nähe Börneplatz, zwischen Mainova und dem Arbeitsamt und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen.
Straßenbahn: Linie 18 bis Hospital „Zum Heiligen Geist“. Via Lange Straße 3 Min. Fußweg. Alternativ Linie 12 bis Börneplatz, oder Linien 11 oder 18 bis Börneplatz/ Stoltzestraße. Via Kurt-Schumacher-Straße und Mainstraße 5 Min. Fußweg.
U-Bahn: Linie U5 bis Dom/Römer. Von dort aus 10 Min. Fußweg via Braubachstraße oder Mainkai.