Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Alvis Hermanis & Jaunais Teatris Riga zeigen «Sonja» in ChurAlvis Hermanis & Jaunais Teatris Riga zeigen «Sonja» in ChurAlvis Hermanis & Jaunais...

Alvis Hermanis & Jaunais Teatris Riga zeigen «Sonja» in Chur

25./26./27. Oktober 2007, 20 Uhr

 

Mit der hoch gelobten Inszenierung «Sonja» des lettischen Regisseurs Alvis Hermanis beginnt das Theater Chur den Reigen zum Thema «Nordnordost». Das berührende Porträt einer jungen Frau zeigt, wie wenig Theater es braucht, umbnviel zu erreichen.

Die skurrile und berührende Geschichte, geschrieben 1991 von der russischen

Erzählerin Tatjana Tolstaja, einer entfernten Verwandten Leo Tolstois, handelt vom Unterschied zwischen Sein und Schein. In einem fein ziselierten Hyperrealismus lässt der lettische Regisseur Alvis Hermanis in seiner Inszenierung zwei Männer die traurigplatonische Liebesgeschichte der

beschränkten, doch feinfühligen Sonja im Leningrad der Dreissigerjahre erzählen.

 

Das Stück beginnt mit zwei ungeschickten Einbrechern, die Sonjas Wohnung

durchsuchen und immer mehr in ihr Leben eindringen, wobei einer der

Einbrecher selbst zu Sonja wird und so den minimalen Unterschied zwischen

Spiel und Ernst aufzeigt. Die beiden Männer spielen in einem fast meditativen

Wechselspiel die traurige Liebesgeschichte der Hauptfigur nach. Diese ist ein

wenig beschränkt, nicht gerade schön und sehr einsam. Aber sie verfügt über

Talente: Sie kann ausgezeichnet kochen und nähen und anderen Leuten auf die Nerven gehen. Doch eines Tages erhält sie einen Liebesbrief, glühend und

ernsthaft, und Sonjas Herz steht in Flammen. Nichts ahnt sie davon, daß die

bösartige Ada den Brief geschrieben hat, und damit Sonjas Leben für immer

verändert.

 

Der Regisseur meint zu seiner Arbeit: «Sonja ist ein Stück, das auch ohne

Dialoge funktioniert. Ich habe beobachtet, dass alte Leute nicht mehr viel

sprechen. Sie wissen schon, was sie immer seufzen. Alles ist schon gesagt.» Und die Frankfurter Allgemeine soll bei der Premiere beobachtet haben, dass «selbst hart gesottene Theatergänger eine Träne im Auge hatten».

 

Alvis Hermanis, geboren 1965 in Riga, leitet seit zehn Jahren das Neue Theater Riga und gehört mittlerweile zu den herausragenden Figuren des europäischen Theaters. Internationale Aufmerksamkeit erhielt er mit seiner Inszenierung des «Revisors» von Nikolaj Gogol (2002), die weltweit auf Tournee ging. Danach kreierte Hermanis eine eigens recherchierte Geschichte über Kaspar Hauser und im Dezember 2003/Januar 2004 das Doppelprojekt «Gará dzìve» (Langes Leben) und «Tálák» (nach Maxim Gorkis «Nachtasyl»). Am Schauspielhaus Zürich inszenierte er kürzlich «Väter», ein Stück um Vater-Sohn-Beziehungen und das Verhältnis von Realität und Kunst. Die Bühnenbilder zu den meisten seiner Inszenierungen gestaltet er selbst. Hermanis erweist sich als präziser Beobachter seiner Umwelt, die ihn – im noch kommunistischen Lettland – prägte.

 

Regie: Alvis Hermanis. Mit: Gundars Abolins, Jevgenijs Isajevs.

Russisch, mit deutscher Übersetzung. Beschränkte Platzzahl.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 13 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑