Ein eckiger grauer Bau, mit gezackten Türschlitzen und offenen dunklen Fensterhöhlen, einladend ist der Königsplast nicht, stattdessen düster und abweisend. Man ahnt, dass hier das Vergnügen nicht zu Hause ist. Er füllt fast die ganze Bühne aus, bedrängt den Agierenden und lässt ihm kaum Bewegungsmöglichkeiten; die Bühnenarchitektur als mächtiges, eindrucksvolles Sinn- und Stimmungsbild für das tragische Geschick der Atriden und der Königstocher Elektra. Schwarzgekleidete Mägde sind dem Putzwahn verfallen. Der äußere Schmutz mag sich beseitigen lassen, die hinter den abgeschotteten Mauern geschehenen Verbrechen lassen sich nicht reinwaschen.
Elektra, die Königstocher, brütet dumpfe Rachgedanken aus und hofft, dass ihr Bruder Orest den Mord an ihrem Vater sühnt, einen Mord den die Mutter Klytämnestra gemeinsam mit ihrem Liebhaber Aegisth begangen hat. Elektras ganzes Dasein kreist nur um diesen einen Gedanken. Sie hat sich von der Gesellschaft zurückgezogen und legt auch auf ihr äußeres Erscheinungsbild keinen Wert mehr, wie man an ihrer nachlässigen Kleidung und Haartracht erkennen kann. Als Gegenentwurf ihre Schwester Chrysothemis, sie möchte dem Desaster in ein normales bürgerliche Leben entfliehen und träumt von einer Heirat. Die Mutter, ständig durch Elektra provoziert, findet keine Ruhe mehr.
Christof Nel versetzt Elektra aus der griechischen Antike in ein beeindruckendes alptraumhaftes Niemandsland. Architektur und dunkle Beleuchtung sind daher die bestimmenden Elemente dieser Inszenierung, die die Wucht der Musik widerspiegelt. Die Charaktere dagegen agieren eher emotional verhalten. Die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Axel Kober spielten klanggewaltig und angemessen expressiv. Catherine Foster brillierte als ödipal fixierte Elektra, nuancenreich Renée Morloc als Klytämnestra, Hans-Peter König als Orest mit warmem Timbre. Kein Alptraum, sondern ein Traum - so klingt diese Elektra-Inszenierung, die das Publikum begeisterte, noch lange nach.
Richard Strauss: ELEKTRA
Dichtung von Hugo von Hofmannsthal nach Sophokles
In deutscher Sprache mit Übertiteln
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung: Christof Nel
Bühne: Roland Aeschlimann
Kostüme: Bettina Walter
Licht: Susanne Reinhardt
Chorleitung: Christoph Kurig
Szenische Analyse: Martina Jochem
Klytämnestra: Renée Morloc
Elektra: Catherine Foster
Chrysothemis: Morenike Fadayomi
Aegist: Wolfgang Schmidt
Orest: Hans-Peter König
Der Pfleger des Orest: David Jerusalem
Die Vertraute: Charlotte Quadt
Die Schleppträgerin: Aïsha Tümmler
Ein junger Diener: Michael Pflumm
Ein alter Diener: Lukasz Konieczny
Die Aufseherin: Jessica Stavros
1. Magd: Iryna Vakula
2. Magd: Sarah Ferede
3. Magd: Katarzyna Kuncio
4. Magd: Elisabeth Selle
5. Magd: Heidi Elisabeth Meie
Agamemnon: Thorsten-Kai Botenbender
Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein
Orchester: Düsseldorfer Symphoniker
In Kooperation mit dem Grand Théâtre de Genève
Wiederaufnahme 11.09.2013 - Opernhaus Düsseldorf