vor 25 Jahren fiel die Mauer, der zweite deutsche Staat ging unter. Das Theater Osnabrück startet aus diesem Anlass mit zwei Schauspiel-Inszenierungen in die neue Spielzeit, die mit der deutsch-deutschen Geschichte und ihren Konsequenzen bis in die Gegenwart verwoben sind.
LEBEN GUNDLINGS FRIEDRICH VON PREUSSEN LESSINGS SCHLAF
TRAUM SCHREI
EIN GREUELMÄRCHEN
VON HEINER MÜLLER
Heiner Müller war der wichtigste Dramatiker der DDR, mit Leben Gundlings schrieb er 1975/76 sein persönlichstes Stück, das nun erstmals in Osnabrück zu sehen ist. Die Szenencollage setzt im Preußen des beginnenden 18. Jahrhunderts ein, in dem der Historiker Gundling von Friedrich Wilhelm I. als Hofnarr gedemütigt wird und in dem Friedrich II. brutal zum Soldatenkönig erzogen wird. Die Utopie der Aufklärung, vertreten durch Voltaire, Kleist, Schiller und Lessing, deformiert sich selbst in dem System, das der preußischabsolutistische Staat ihr zur Entfaltung bietet. Sie endet in einer apokalyptischen Vision auf einem amerikanischen Autofriedhof. Im Dialog mit den Toten entsteht ein aufgeladener Kommentar zum Verhältnis Intellektueller zur staatlichen Obrigkeit.
Pedro Martins Beja führt zum vierten Mal Regie am Theater Osnabrück. Er inszeniert außerdem u. a. am Schauspielhaus Wien, am Theater Neumarkt in Zürich, am Theater Bremen und am Theater Oberhausen. Für die Uraufführung Allerwelt am Schauspielhaus Wien erhielt er 2014 eine Nominierung als Nachwuchsregisseur in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute.
Inszenierung Pedro Martins Beja
Bühne/Kostüme David Gonter
Musik Micha Kaplan
Dramaturgie Maria Schneider
Mit
Marie Bauer, Patrick Berg, Stefan Haschke
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IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS
VON EUGEN RUGE
1952: Die Kommunisten Charlotte und Wilhelm verlassen das mexikanische Exil, um beim Aufbau der jungen DDR zu helfen. Charlottes Sohn Kurt überlebt die Lagerhaft in Sibirien und macht als systemkonformer Historiker Karriere, seine russische Frau Irina zieht mit ihrer Mutter Baba Nadja in die innerfamiliären Kämpfe mit den Schwiegereltern, während ihr Sohn Alexander vor allem flüchtet – vor dem Elternhaus, seinen wechselnden Frauen und seinem Sohn, dem politischen System – und sich doch 2001, unheilbar krebskrank, auf den Spuren seiner Großmutter in Mexiko wiederfindet …
Eugen Ruges preisgekrönter „DDR-Buddenbrooks-Roman“ (DIE ZEIT) erzählt von der Utopie des Sozialismus, dem Preis, den sie dem Einzelnen abverlangt und ihrem allmählichen Verlöschen und stellt angesichts der Vergänglichkeit privater wie politischer Sinnstiftung die schmerzliche Frage, was eigentlich ein gelungenes Leben sein kann. In sehr persönlichen Einblicken in die Lebensgefühle und Prägungen der Generationen wird Geschichte als Familiengeschichte lebendig – komisch, tragisch, banal, existenziell.
Regisseur Gustav Rueb inszenierte in Osnabrück bereits jenseits von fukuyama von Thomas Köck und arbeitet unter anderem am Stadttheater Ingolstadt, am Staatstheater Kassel und am Theater Lübeck. Bei der Premiere von Ruebs Inszenierung In Zeiten des abnehmenden Lichts wird Autor Eugen Ruge anwesend sein.
Inszenierung Gustav Rueb
Bühne Peter Lehmann
Kostüme Dorothee Joisten
Sounddesign Heiko Schnurpel
Dramaturgie Marie Senf
Charlotte Powileit Stephanie Schadeweg
Wilhelm Powileit Klaus Fischer
Kurt Umnitzer (Charlottes Sohn, Wilhelms Stiefsohn) Thomas Kienast
Irina Umnitzer (Kurts Ehefrau) Franziska Arndt
Nadjéshda Iwánowna (Irinas Mutter) Eva Gilhofer
Alexander „Sascha“ Umnitzer (Sohn von Kurt und Irina) Orlando Klaus
Melitta/ Catrin – Partnerinnen von Alexander Maria Goldmann
Markus (Sohn von Alexander und Melitta) Jakob Plutte
Adrian/ Stellvertreter des Bezirkssekretärs/ Schlinger/ Mählich/ Untersuchungsrichter Marcus Hering