Von "politischer Korrektheit" hat man zu Verdis Zeiten noch nichts gehört, und so wird Falstaff in zahlreichen Varianten als Dickwanst beschimpft. Der Umfang seines Bauches deutet auf die Freuden sinnlicher Genüsse hin und steht proportional umgekehrt zum Inhalt seiner Geldbörse: Falstaff ist pleite und sucht nach einem Ausweg. Von Ehre hält er nicht viel, und so gedenkt er seiner klammen Situation zu entkommen, indem er die Bürgersgattinnen Alice Ford und Meg Page umgarnt. Zwei gleichlautende Liebesbriefe sind schnell geschrieben. Pech nur, dass sich die beiden "Weiber" austauschen und auf Rache sinnen. Verkompliziert wird die Story durch Alices eifersüchtigen Ehemann, der von den Avancen Falstaffs Wind bekommen hat. Und dann gibt es auch noch das tändelnde Pärchen Fenton und Nannetta, wobei für letztere eigentlich Dr. Cajus als Ehegatte vorgesehen war, der mit einem Trick ausgebootet wird.
Vorlage für das Libretto von Verdis Oper "Falstaff ist die gleichnamige Figur aus Shakespeares Dramen "Henry IV" und den "Lustigen Weibern von Windsor". Betrug und Spott, Missachtung der gesellschaftlichen Regeln, das ist die Fratze, die hier aus der Komik herausschaut und den moralischen Werteverfall deutlich macht.
Die Inszenierung von Michael Hampe, die jetzt in einer Wiederaufnahme in der Deutschen Oper am Rhein zu sehen ist, hält sich an eine klassische Interpretation ohne Anklänge an den Zeitgeist. Das ist vergnüglich und wurde mit viel Spielfreude aufgeführt. Eindeutiger Liebling des Abends war Heidi Elisabeth Meier als Nannetta, die mit ihrem unbekümmerten Charme und ihrer klarer Stimme zu bezaubern wusste.
FALSTAFF von Giuseppe Verdi
Commedia lirica in drei Akten, Libretto von Arrigo Boito
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung: Michael Hampe
Bühne und Kostüme: John Gunter
Chorleitung: Gerhard Michalski
Falstaff: Bruno Balmelli
Ford: Laimonas Pautienius
Fenton: Ovidiu Purcel
Cajus: Bruce Rankin
Bardolfo: Johannes Preißinger
Pistola: Torben Jürgens
Alice: Nataliya Kovalova
Nannetta: Heidi Elisabeth Meier
Quickly: Renée Morloc
Meg Page: Sarah Ferede
Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein
Orchester: Düsseldorfer Symphoniker
Wiederaufnahme 21.03.2013 - Opernhaus Düsseldorf