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WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF VON EDWARD ALBEE im Luzerner Theater WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF VON EDWARD ALBEE im Luzerner Theater WER HAT ANGST VOR...

WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF VON EDWARD ALBEE im Luzerner Theater

PREMIERE: MITTWOCH, 11. JANUAR 2012, 19.30 UHR. -----

Das berühmteste und meistgespielte Theaterstück des amerikanischen Autors Edward Albee ist vieles zugleich: eine turbulente Wohnzimmerkomödie, ein brillantes Konversationsstück, ein wildes Psychodrama und – nicht zuletzt – ein Fest für vier Schauspieler.

Genau fünfzig Jahre nach seiner Uraufführung am Broadway in New York ist der mit Elizabeth Taylor und Richard Burton verfilmte Bühnenklassiker nun am Luzerner Theater zu erleben. Premiere ist am 11. Januar 2012. Regie führt die aus Wien stammende Regisseurin Stephanie Mohr.

 

Edward Albees «Who’s Afraid of Virginia Woolf?» entstand im Jahr 1962 und gilt seither als der unübertroffene Klassiker des literarischen Ehekriegs. Bereits die ersten Rezensenten waren überwältigt

von der «bruchlosen Einheit des Stücks und dem reissenden Elan der Dialoge». Dabei hatte es

thematisch durchaus verwandte Vorgänger gegeben. Doch keines dieser Stücke war so radikal in seiner Komik wie in seiner Bestialität, keines hatte mit solch gnadenloser Präzision die Bruchstellen des

menschlichen Zusammenlebens ins Visier genommen. Schon wenige Monate nach der Uraufführung war

das Stück auch in Berlin, Stockholm, Wien, London, Paris und Warschau zu sehen.

 

Bei alledem war Edward Albee zum Zeitpunkt der Uraufführung alles andere als ein bekannter Autor. Der 35-Jährige war zuvor an Off-Broadway-Bühnen mit dramatischen Experimenten vertreten gewesen. Sein Erstlingswerk «The Zoo Story» wurde für so modernistisch erachtet, dass es erst auf dem Umweg über Europa zurück auf die Bühnen der USA gelangte. Entsprechend paradox erschien es den Beobachtern, dass dieser literarische Avantgardist gleichsam über Nacht zum Schöpfer eines der grössten Erfolge am Broadway wurde. Das Stück wurde dort in schneller Folge über 650 Mal gespielt.

 

Die Handlung beginnt um zwei Uhr morgens: Das Akademikerehepaar Martha und George kommt

angetrunken von einer Campus-Party nach Hause. Sie ist die temperamentvolle Tochter des College-

Präsidenten, er ist Geschichtsdozent, sechs Jahre jünger als seine Frau. Seit zwanzig Jahren sind die

beiden verheiratet, fast ebenso lange üben sie sich in der Kunst der Lebenslüge und der gegenseitigen

Erniedrigung. Als Martha ihrem Mann die Ankunft später Gäste ankündigt, erhält der Streit der beiden

neues Publikum. Der junge Biologiedozent Nick und seine Ehefrau Honey werden zu Zuschauern der

Wortgefechte – und geraten bald mitten hinein in die Fronten einer überwältigenden Zimmerschlacht.

«Wer hat Angst vor Virginia Woolf» ist ein echtes Schauspielerstück. Die vier Figuren sind psychologisch

hochkomplexe Charaktere, die viel Energie und Virtuosität verlangen und dabei Glanzleistungen

ermöglichen. Besonders berühmt geworden sind in diesen Rollen die jüngst verstorbene Liz Taylor und ihr damaliger Ehemann Richard Burton, die die selbstzerstörerische Zweisamkeit in der Verfilmung (1966) wie auch privat in einem Masse repräsentierten, wie man sie bis dahin für unmöglich gehalten hatte.

 

Im steten Wechsel von Atempausen und der Brillanz schneller, geistreicher Dialoge hat der Text wie auch der Film eine hochgradig musikalische Struktur – vergleichbar einem Quartettsatz oder einem mit höchster Präzision geführten Boxkampf, der sich mit jeder Runde in neue Höhen schraubt, um schliesslich in der Ruhe des Schlusstableaus zu erstarren. Doch «Wer hat Angst vor Virginia Woolf» ist nicht nur das dramatische Psychodrama einer existenziellen Ehe- und Lebenskrise. Mindestens ebenso wichtig für den immensen Erfolg des Stücks ist sein komisches Potential, das den Text über die gesamte Dauer des Abends zu einer Konversations-Komödie macht, die das Publikum zu gleichen Teilen erschreckt und bestens unterhält.

 

Die mit fünf Oscars ausgezeichnete Filmversion des Stoffs blieb stilprägend bis heute. Sie katapultierte

das Stück auf alle Leinwände und Spielpläne weltweit und machte es zum Vorgänger zahlreicher jüngerer Beziehungsdramen: Generationen (insbesondere) amerikanischer Dramatiker spannen Albees Ideen weiter in die Gegenwart. Dennoch blieb der Urtext bis heute präsent: In diesem Jahr wird die ewig junge «Mutter aller Eheschlachten» fünfzig Jahre alt.

 

Deutsch von Alissa und Martin Walser

 

BESETZUNG

Bettina Riebesel (Martha), Christian Baus (George), Juliane Lang (Honey), Hajo Tuschy (Nick)

 

PRODUKTIONSTEAM

Stephanie Mohr (Inszenierung), Andrea Uhmann (Bühne/Kostüme), Nives Widauer (Bühne/Video),

Joachim Steffenhagen (Musik), Peter Weiss (Licht), Dr. Bernd Isele (Dramaturgie)

 

VORSTELLUNGEN

13.1. | 15.1.  18.1.  22.1.  28.1.* | 2.2.  5.2.  9.2.  12.2.  24.2. | 17.3. 

1.4.**  26.5.  10.6.

* (Theatertag, Einheitspreis CHF 39.–)

** (Special date: «theaterclub luzern» und freier Verkauf)

 

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