Zwar ist man umgeben von der fremden und feindlichen Welt des zaristischen, antisemitischen Russland. Zwar lebt man in einer weitgehend entrechteten Situation, in ständiger Pogrom-Angst und wachsender Armut. Doch scheint all das die Existenz der Familie nicht wirklich zu gefährden.
Erst als die alten, stark den ostjüdischen Traditionen verpflichteten Bindungen sich auflösen, kommt Leid über die Familie: Der älteste Sohn Jonas drängt zum russischen Militär, der zweite, Schemarjah, desertiert nach Amerika, die Tochter Mirjam lässt sich mit Kosaken ein und Menuchim, der Jüngste, scheint unheilbar krank. Ausgerechnet ihn, den Schwächsten, müssen die Singers in Russland zurückzulassen, als die Welt des Schtetls sich als nicht mehr tragfähig erweist. Denn sie planen, dem Sohn nach Amerika zu folgen. Doch die Schicksalsschläge, die dort auf sie warten, stellen Mendels Glauben auf eine harte Probe …
Hiob erzählt eine zeitlose Geschichte von der Auflösung familiärer Bindungen. Von den Fesseln der Tradition und den Verlockungen neuer Welten. Von Emigration und Assimilation. Und von Glaube und Verzweiflung. Schließlich klingt bereits im Titel die alttestamentarische Geschichte von Hiob, dem von Gott geprüften Dulder, an. Ein solcher – moderner – Hiob ist Mendel: ein „ganz gewöhnlicher Jude“, völlig passiv in seiner Gottergebenheit, der schließlich, vom Schicksal hart geschlagen, Gott durch Frömmigkeitsverweigerung zwingen will, ihn zu erretten.
1930 ist Joseph Roths Roman erschienen und wurde sofort ein weltweiter Erfolg. Zeitgenossen wie Ernst Toller oder Stefan Zweig lobten das Werk als „ein großes und erschütterndes Buch, dem sich niemand entziehen kann“ und „eine reine, vollkommene Dichtung, die alles zu überdauern bestimmt ist“ – auch die Barbarei der Nationalsozialisten, die Hiob, die Menschen und die Kultur, die der Roman schildert, verbrannten. So ist Hiob letztlich auch Zeugnis einer versunkenen Welt und ein Plädoyer für den unauslöschlichen Kern jüdischen Lebens und Glaubens.
Koen Tachelet hat 2008 für den Regisseur Johan Simons den Roman äußerst behutsam und mit viel Gespür für die Musikalität von Roths Sprache dramatisiert. Die österreichische Erstaufführung dieser Fassung übernimmt Michael Sturminger, dessen Inszenierung von Ibsens Peer Gynt in der letzten Spielzeit zu sehen war.
Regie Michael Sturminger
Bühne Ralph Zeger
Kostüme Nina Ball
Musik Gerald F. Preinfalk
mit Maria Bill, Andrea Bröderbauer; Patrick O. Beck, Till Firit, Günter Franzmeier, Arne Gottschling, Thomas Kamper
Musiker Christian Bakanic, Klemens Bittmann, Gerald F. Preinfalk
Weitere Termine:
30. Mai um 15 Uhr und 31. Mai 2010 um 19.30 Uhr
6. Juni um 15 Uhr und 2., 3., 8., 10., 12., 13., 18., 22. und 23. Juni 2010 um 19.30 Uhr
Wiederaufnahme im Herbst 2010