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b.02 "Kunst der Fuge" in der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf

 

Für den zweiten Ballettabend in Düsseldorf hat Martin Schläpfer auf seine vom ballettmainz 2002 uraufgeführte, abendfüllende Choreografie "Kunst der Fuge" zurückgegriffen. Musikalische Grundlage bildet das gleichnamige Bachsche Werk, wobei Schläpfer fünf unterschiedlich instrumentierte Einspielungen ausgewählt hat, mit Cembalo, Klavier, Blockflöte, Saxophon und Streicher. Während der Zuschauer noch seine Plätze sucht, werden auf der Bühne bereits Aufwärmübungen vollzogen. Dies wirkt durch die blaue Beleuchtung und durch eine Halbrotunde mit ausfransenden Farbbändern von intensiver Leuchtkraft in Schwarz, Blau, Rot und Gelb, entfernt an Rothko erinnernd, wie ein moderner sakraler Raum.

 

Was dem Publikum in fast zwei Stunden geboten wird, ist zwar erhebend, aber alles andere als sakral, oft melancholisch, auch heiter, so z.B. ein auf japanisch geführter Dialog, der sich dem Zuschauer durch Gesten in etwa erklärt. Der Vielschichtigkeit des Bachschen Werks begegnet Schläpfer mit einem schier unglaublichen Variationsreichtum an verschiedenen Bewegungsformen, wobei er sowohl aus dem Repertoire des klassischen Balletts als auch des modernen Tanztheaters schöpft. Der Musik wird nicht immer gefolgt, sondern manchmal auch mit kontrapunktischen Entgegensetzungen reagiert.

 

Die Tänzer und Tänzerinnen tragen Spitzentrikots, treten in Highheels, Spitzenschuhen oder auch barfüßig auf. Gezeigt wird eine Abfolge von Szenen, mal abstrakt, mal erzählerisch, so u.a. ein Modenschaudefilee, in dem die Tänzer und Tänzerinnen Gang und Posen der Models gekonnt imitieren. Statt sich in der Barockzeit mit Bachs Suchen und Zweifeln zu verorten, hat Schläpfer sein Ballett in der Jetztzeit angesetzt mit den zwischenmenschlichen Beziehungsmustern von Anziehung und Abstoßung.

 

Das Ensemble tanzt mit großer Intensität und auf technisch höchstem Niveau. Ein überaus sehenswertes Ballett, das auch beim Publikum begeisterten Beifall fand.

 

Choreographie: Martin Schläpfer

Bühne: Thomas Ziegler

Kostüme: Catherine Voeffray

Licht: Franz-Xaver Schaffer

Musik: "Die Kunst der Fuge" BWV 1080 von Johann Sebastian Bach

 

Tänzerinnen: Camille Andriot, Marlúcia do Amaral, Carolina Francisco Sorg, Yuko Kato, Anne Marchand, Nicole Morel, Carly Morgan, Louisa Rachedi,J ulie Thirault, Anna Tsybina, Feline van Dijken

Tänzer: Ordep Rodriguez Chacon, Callum Hastie, Antoine Jully, Bogdan Nicula, Alexandre Simões, Remus Sucheana, Pontus Sundset, Maksat Sydykov, Jörg Weinöhl

 

Premiere im Theater Duisburg: Samstag, 5. Dezember 2009, 19.30 Uhr

Premiere im Opernhaus Düsseldorf: Samstag, 19. Dezember 2009, 19.30 Uhr

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