Dreihundert Jahre später ist es der afrikanische Literaturnobelpreisträger Coetzee, der diese Geschichte noch einmal erzählt, diesmal aus dem Mund einer Frau. Sie, die Gestrandete, erlebt einen Cruso, der bewusst alle Lebensspuren meidet, die unsere Zivilisation von ihm erwartet. Sein Diener Freitag ist stumm, weil ihm Sklavenhändler die Zunge herausgeschnitten haben. Die drei werden von einem englischen Handelsschiff aufgegriffen. Cruso stirbt auf der Überfahrt, weil er nicht in die Welt der Zivilisation zurückkehren will. Nur die Frau und der Schwarze bleiben als Zeugen des Insellebens zurück. In London begibt sich diese sogenannte Susan Barton auf die Suche nach einem Autor, d er ihre Erlebnisse in ei ne Geschichte überführt. Dabei kommt ihr die eigene Biographie abhanden, werden die Fragen nach Wahrheit und Identität zweideutig: Hat vielleicht Robinson seinem Sklaven die Zunge gestohlen? Wer ist plötzlich die Frau, die auftaucht und behauptet, die Tochter Susan Bartons zu sein? Mit welcher Zunge lässt sich die Wahrheit noch sagen, mit welcher die Barbarei verzeihen? Mehr und mehr wird die fehlende Zunge, die fehlende Sprache und die fehlende Geschichte zum einzigen Widerstand in einer Welt, in der die Zivilisation selbst die Barbarei bedingt. Der Autor Foe muss scheitern, denn nur die Frau und der Schwarze könnten durch ihre eigene Unterdrückungsgeschichte die Frage nach der Wahrheit und dem richtigen Handeln noch stellen. Doch auch sie erleiden Schiffbruch.
Regie: Johan Simons
Bühne Marc Warning
Kostüme Nadine Grellinger
Dramaturgie Koen Tachelet / Marion Tiedtke
Mit Julika Jenkins, André Jung, Sylvana Krappatsch, Betty Schuurman