Im Roman, der der dritten Kölner Theaterarbeit des lettischen Regisseurs Alvis Hermanis nach „Kölner Affäre“ und „Die Geheimnisse der Kabbala“ zugrunde liegt, benötigt Oblomow nichtsdestotrotz einhundertfünfzig Seiten, bevor er den ersten Fuß aus seinem Bett setzt. Und das, obwohl er weiß, dass sein Landgut verfällt und finanzieller Ruin droht.
Salman Rushdie schreibt über Oblomow: „Er ist eine Mischung aus dem unentschlossenen Hamlet und Bartleby, und er ist so wie wir alle. Wir schauen uns die Welt an und wünschten, wir könnten uns irgendwo verstecken. Oblomow versteckt sich für uns. Wir schauen uns das andere Geschlecht an und fühlen uns überfordert. Oblomow tritt an unserer statt den Rückzug an. Wir sehen unsere eigenen Probleme und wünschten, sie wären eine sehr weite Reise entfernt. Oblomow weigert sich, diese Reise anzutreten, so wie wir uns auch gern weigern würden, es aber nicht können.“ Der Roman lag auf des alten Heinrich Bölls Nachttisch und Samuel Beckett nannte Oblomow zu Ehren eine Figur in »Warten auf Godot« „Vladimir“.
In Oblomows Leben folgt ein Tag dem anderen, die Jahre fliegen dahin, der Flaum um sein Kinn wird zu einem struppigen Bart, die strahlenden Augen verwandeln sich in zwei trübe Punkte, die Gestalt rundet sich, das Haar beginnt unbarmherzig auszugehen und das Leben zerfällt in seinen Augen in zwei Hälften: Die eine setzt sich aus Arbeit und Langeweile zusammen, die zweite aus Ruhe und friedlicher Fröhlichkeit. Infolgedessen macht ihn sein Beruf auf eine sehr unangenehme Weise stutzig: Alles muss schnell gehen, alle haben es eilig und gönnen sich keine Ruhe; sowie sie mit einer Sache fertig sind, stürzen sie über eine andere her, als ob gerade diese die Hauptsache wäre; wenn sie aber damit fertig sind, verfällt auch diese der Vergessenheit, und eine dritte Angelegenheit kommt daher, und so geht es bis in die Unendlichkeit fort. Oblomow entledigt sich seines Berufes und genau hier setzt der Theaterabend an. Oblomow ist eine Medizin gegen die neuronale Gewalt unseres Alltags, er ist Löschwasser für Burnouts und verweigert den Wahn nach ständiger Verfügbarkeit. Schließlich stellt er die Frage: „Wann soll man denn Leben? Wann leben?“ und nach einer unglücklichen Liebe, lässt ihn der Anblick zerstreuten Zuckers an sein verschüttetes Leben denken; ihn erfasst ein starkes Fieber und so stirbt unser Held zum Schluss an krankhaft vergrößertem Herzen. Es tut uns leid. So geht das Leben.
Alvis Hermanis wurde mit dem diesjährigen Konrad-Wolf-Preis der Berliner Akademie der Künste ausgezeichnet .
Es spielen: Gundars Abolins, Robert Dölle, Albert Kitzl, Martin Reinke, Dagmar Sachse und Torsten Peter Schnick
Regie: Alvis Hermanis,
Bühne und Kostüme: Kristine Jurjane,
Dramaturgie: Götz Leineweber
Weitere Vorstellungen am 12., 14., 15., 16., 24., 25., 26. und 28. Februar