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Uraufführung: "Jenatsch" von Churer Ensemble & 400asa im Theater ChurUraufführung: "Jenatsch" von Churer Ensemble & 400asa im Theater ChurUraufführung: "Jenatsch"...

Uraufführung: "Jenatsch" von Churer Ensemble & 400asa im Theater Chur

Premiere , 24. Oktober 2009, 19.30 Uhr, : Theater Chur und Theaterplatz

 

Die Produzentengemeinschaft Churer Ensemble und die für ihre provokanten Arbeiten bekannte Zürcher Gruppe 400asa (Affentheater Expo 01, Tell in St. Gallen) greifen zusammen mit dem Regisseur Samuel Schwarz, begleitet von rund sechzig Laien und einem Chor, ein grosses, zeitloses Thema auf:

 

Die Heldenreise eines Machtmenschen, eines umstrittenen Warlords und Politikers, sein Erfolg und Niedergang, sein persönliches Drama und die Tragödien des Krieges. Frei nach dem Roman Conrad Ferdinand Meyers wird die Vita des Bündner Freiheitshelden Jürg Jenatsch auf der Bühne der Gegenwart verhandelt. Kein Historienspiel also, sondern ein historischer Stoff der sich mit Gegenwärtigem kreuzt. Seien es die heutigen Kämpfe um Autonomie in den Bergregionen Tschetscheniens oder Afghanistans oder auch pointierte Anspielungen auf heutige Schlossbesitzer in Graubünden: Christoph Blocher im Habsburger Schloss Rhäzüns, wo er nach seiner Abwahl ein Jenatsch-Mahl servieren liess oder sein grosser Gegenspieler, Andrea Hämmerle auf Schloss Rietberg, das in den Bündner Wirren Kulisse eines schaurigen Fememordes wurde.

 

Mit seinem Roman «Jürg Jenatsch» hat der Zürcher Dichter Conrad Ferdinand Meyer dem umstrittenen Bündner Freiheitshelden ein literarisches Denkmal gesetzt. Auf Initiative von Markus Luchsinger haben der Regisseur Samuel Schwarz, der Dramaturg Mathias Balzer und der Bühnenbildner Duri Bischoff 2008 mit der Dramatisierung des Stoffes begonnen. Für die Produktion wurde gemeinsam mit dem Produktionsleiter Roman Weishaupt die Produzentengemeinschaft Churer Ensemble gegründet. Nach einer ersten Recherche-Präsentation im Estrich des Theaters schrieb die Südostschweiz im März 2009: «Dieser Jenatsch macht Lust auf mehr.»

 

Mittlerweile, nach Probenblöcken in Zürich und im Engadin, ist das sechsköpfige Ensemble, gemeinsam mit einem vierzigköpfigen Chor und 20 Laiendarstellern in den Endproben am Theater Chur. Wie C. F. Meyer in seinem Roman hat auch das Churer Ensemble für seine Inszenierung die Form eines Tryptichons gewählt. In drei Bildern wird die Vita des umstrittenen Feldherrn und Pfarres während des dreissigjährigen Krieges umspielt: Das erste Bild, in einem Setting des Schauspielers und Bühnenbildners Philpp Stengele, mit Landschaftsfotografien des Fotografen Jules Spinatsch, ist der Politik und ihren Intrigen gewidmet. Das zweite Bild auf dem Vorplatz des Theaters reflektiert die Schrecken der damaligen Zeit, der so genannten Bündner Wirren, während derer rund ein Drittel der Graubündner Bevölkerung ums Leben kam. Entworfen hat dieses zweite Bild, ebenso wie das dritte, der Bühnenbildner Duri Bischoff. Im dritten Bild, auf der grossen Bühne, kommen die wichtigsten Szenen aus Meyers Roman zu theatralischem Glanz. Sein Aufstieg unter dem französischen Feldherrn Duc de Rohan, seine unerfüllte Leidenschaft zu Lukretia von Planta, sein Verrat an den protestantischen Kräften, sein Sagen umwobener Tod an der Fasnacht in Chur.

 

Der Roman Meyers bildet, wenn auch neu montiert, die Grundlage für die Inszenierung. Aktuelle Bezüge werden u.a. mit Texten der russischen Journalistin Anna Politovskaya, Auszügen aus Essays des Bündner Schriftstellers Reto Hänny, Texten der Dramaturgen Tim Zulauf und Mathias Balzer hergestellt. Die Inszenierungsform ist kein Historienspiel, sondern vielmehr der Sprache der Western Sergio Corbuccis und Sergio Leones, oder den Filmen Quentin Tarantinos geschuldet. Ist das erste Setting ein abgetakeltes World-Jenatsch-Forum, das wegen Ölmangels von der Umwelt abgeschnitten ist, so erinnert das dritte Bild an ein Filmstudio. Die Figuren aus Meyers Roman treten, in abwechselnder Besetzung, aus dem Ensemble hervor. Einem vielköpfigen Wesen gleich, das - angereichert mit zeitgenössischen Biografien – mehrsprachig, chorisch und rhythmisch, mit Witz und Ironie die Themen Macht und Politik, Liebe und Rachelust umkreist. Der Gesangschor unter der Leitung von Rico Peterelli gibt der Inszenierung mit Liedern aus der Renaissance, der Barockzeit und dem 19. Jahrhundert – in den Sprachen Romanisch, Deutsch, Französisch und Spanisch – den emotionalen Rahmen. Das Laienensemble trainiert seit Anfang September unter der Leitung von Julian M. Grünthal und Sarah Jaggi stilisierte Kampfszenen in der Tradition der Schlachtendarstellung des 19. Jahrhunderts. Daneben bereitet sich eine «Spezialeinheit» auf ihre Einsätze vor, die in Anlehnung an die Mad-Max-Filme gestaltet werden.

 

«Jenatsch»

Mit: Philippe Graber, Julian M. Grünthal, Meret Hottinger, Thomas Reisinger,

Philipp Stengele, Kaspar Weiss, Henrik Zimmermann

Musical Group Chur und weiteren Laiendarstellerinnen und -darstellern aus Chur

und Umgebung

 

Regie: Samuel Schwarz

Idee/Konzept: Mathias Balzer, Duri Bischoff, Markus Luchsinger, Samuel

Schwarz. Texte: Conrad Ferdinand Meyer, Mathias Balzer, Tim Zulauf u.a.

Dramaturgie: Mathias Balzer, Tim Zulauf. Raum und Licht: Duri Bischoff, Philipp Stengele. Kostüme: Rudolf Jost. Foto-/Videoprojektionen: Jules Spinatsch. Sound-Design: Michael Sauter. Laienregie/Choreografie: Julian Grünthal, Sarah Jaggi. Chorleitung: Rico Peterelli. Regieassistenz: Anne-Louise Joël. Assistenz Raum und Licht: Ivo Schneider.

Kostümassistenz: Susanne Krebs. Technik: Stefan Casotti, Hannes Fopp, Roger Stieger. Fotografie/Grafik: Daniel Rohner. Produktionsleitung: Roman Weishaupt.

 

Eine Produktion der Produzentengemeinschaft Churer Ensemble und 400asa

in Koproduktion mit dem Theater Chur, Fabriktheater Rote Fabrik Zürich und

Migros Kulturprozent

 

 

 

 

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