Seit der Veröffentlichung von Wolf Wondratscheks Gedichtzyklus Das Mädchen und der Messerwerfer (1997) war es ein Wunsch des Autors, dass sein Werk als Ballett-Libretto dienen sollte. Diesem Wunsch kam Ballettdirektor Ivan Liška nach und verpflichtete den Choreographen Simone Sandroni, der wie Sidi Larbi Cherkaoui oder Russell Maliphant sowohl für die freie Szene als auch für klassische Ensembles choreographiert. Lenka Florys Bühnenbild - ein heruntergekommener verlassener Kinderspielplatz, auf dem sich gelangweilte Jugendliche aufhalten, kicken, streiten, rumhängen. Immer, wenn sie nichts anderes mehr zu tun wissen, bricht das Tanzen aus ihnen heraus und setzt überraschende gruppendynamische Prozesse in Gang. Eine Atmosphäre von Tristesse, Redundanz und Einsamkeit, die plötzlich umschlägt in Aktion, Tempo und Attacke. Simone Sandroni kreiert zum musikalischen Arrangement von 48nord die Choreographie. Sein von Kampftechniken beeinflusster, stark physisch betonter Stil versetzt die Tänzer in ständige lauernde Alarmbereitschaft, die einen hohen Grad an Konzentration und Energie fordert. Hier entfaltet sich die Geschichte um die junge Frau, die sich erst in der bedrohlichen Situation der allabendlichen Messerwerfer-Nummer wirklich lebendig fühlt. In den Titelpartien werden Emma Barrowman und Wlademir Faccioni zu sehen sein.
Der englische Choreograph Russell Maliphant arbeitete als Tänzer mit den wichtigsten und stilbildenden Ensembles der zeitgenössischen englischen Szene – DV8 Physical Theatre, Michael Clark Company, Laurie Booth u.a. 2003 begann seine fruchtbare und dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Weltstar Silvie Guillem, für die er zahlreiche international überaus erfolgreiche Kreationen schuf. Aus dieser Zusammenarbeit mit Guillem entstand das Trio Broken Fall, das zwei der berühmten Ballet Boyz beim Bayerischen Staatsballett mit Ekaterina Petina, Marlon Dino und Erik Murzagaliyev einstudieren. In seiner Arbeit vereint Maliphant Tradition und Avantgarde und geht selbst immer wieder neue Wege.
Aus der Auseinandersetzung mit den Ballets Russes entstand das Solo AfterLight zur Musik von Erik Satie. Kreiert wurde es für den Tänzer Daniel Proietto, der für die Vorstellungen im Prinzregententheater verpflichtet wurde.
Wieder schließt ein Ballett von Kenneth MacMillan, Las Hermanas, das Programm ab. 1963 übersetzte er Lorcas Bernarda Albas Haus in 25 Minuten konzentriertesten Tanz. Frank Martins Konzert für Cembalo und kleines Orchester scheint wie für MacMillans Strukturierung der Geschichte komponiert. Der englische Choreograph erweitert die Ausdrucks- und Bewegungsmöglichkeiten des klassischen Balletts und formt das in die Katastrophe führende Geschehen kühn und beklemmend zu einem choreographischen Meisterwerk des 20. Jahrhunderts.
In der Rolle der Mutter wird Beatrice Cordua zu sehen sein, langjährige herausragende und ausdrucksstarke Solistin bei John Neumeier in Hamburg, Tänzerin und Trainingsleiterin bei Johann Kresnik in Berlin und seit 2004 freie Tänzerin und Choreographin. Die Partie der ältesten Schwester übernimmt Lucia Lacarra, ihren Verlobten tanzt Cyril Pierre. Roberta Fernandes, Monika Hejduková, Mia Rudic und Ilana Werner komplettieren das Schwesternquintett.
Solisten und Ensemble des Bayerischen Staatsballetts
Weitere Vorstellungen
Di 31.01.12, 19.30 Uhr
Mi 01.02.12, 19.30 Uhr
Do 02.02.12, 19.30 Uhr