Und er holt das Gewehr kurzerhand aus dem Orchester, lässt es sich von einem Musiker überreichen. Zuerst hat er die Kaffeemaschine der Großmutter geklaut. "Ich bin ein Räuber, bin ein Schuft, für mich sind die Gesetze Luft", lautet das Motto von Hotzenplotz. Und dann beschließen Kasperl und Seppel auf Rat von Wachtmeister Dimpfelmoser, sich an der Suche nach dem Räuber Hotzenplotz zu beteiligen. Der clevere Räuber kommt ihnen jedoch auf die Schliche und lockt sie auf zwei verschiedenen Wegen in die Falle.
Zwischendurch sieht man die Großmutter mit der Kaffeemaschine fantasievoll durch die Lüfte schweben. Aber in Wahrheit hat sie ja der Räuber gestohlen - und so sitzt die Großmutter in einem der nächsten Bilder doch wieder weinend auf der Bank: "Gott, hat der mir Angst gemacht!" Kasperl verkauft der Räuber Hotzenplotz an den großen und bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann, wobei es zu einer raffinierten Vertauschung von Kasperl und Seppel kommt. Kasperl muss bei Zwackelmann riesige Mengen von Kartoffeln schälen. Der große Zauberer hat nämlich für das Kartoffelschälen noch keinen passenden Zauberspruch gefunden.
Kasperl entdeckt auch im Schloss die unglückliche Unke Amaryllis, die eigentlich eine verzauberte Fee ist. Sie verrät ihm schließlich, wie er den großen Zauberer überlisten und das Feenkraut auf der Hohen Heide finden kann. Damit wird der böse Bann des Magiers gebrochen.
Dies geschieht in der Regie von Elena Tzavara mit viel szenischem Fingerspitzengefühl und Detailarbeit. Auch Bühne und Kostüme von Elisabeth Vogetseder entführen den Zuschauer in eine Welt zwischen Realität und Fiktion. Das gelingt bei den magischen Zaubereien des Zauberers Zwackelmann besonders gut.
Und das weitere Geschehen nimmt in rasanter Weise seinen Lauf. Leider ist die Verkleidung von Kasperl und Seppel aufgeflogen und Zwackelmann verwandelt den Räuber Hotzenplotz aus Ärger in einen Gimpel. Amaryllis schenkt Kasperl aus Dankbarkeit einen Wunschring. Der bietet dann die Lösung für alle Probleme: Sie bringen gemeinsam den Räuber Hotzenplotz aufs Polizeirevier. Und die Großmutter erhält schließlich ihre geliebte Kaffeemühle zurück. Zuvor essen aber sämtliche Figuren Großmutters beliebten Pflaumenkuchen.
Das traditionelle Puppentheater erscheint in der subtilen Regie von Elena Tzavara in vielen bunten Bildern. Die Stube der Großmutter ist rosa, der Wald ist grün und es gibt viel schwarze Magie. Schablonenhafte Bewegungen lassen manchmal an die commedia dell'arte denken. Unter der musikalischen Leitung von Florian Ziemen kommt die oftmals von bayerischer Blasmusik inspirierte Musik von Sebastian Schwab sehr gut zur Geltiung. Neben rhythmischen Finessen, chromatischen Spitzfindigkeiten und Tremolo-Effekten der Streicher und den markanten Akkorden der Bläser zeigen sich immer wieder große klangfarbliche Reize von Akkordeon, Cimbalon, Harmonium und Schlagwerk. Auffallend sind auch die leidenschaftlichen melodischen Passagen der Streicher, die ganz versteckt sogar an Engelbert Humperdincks Einfluss denken lassen. Das Staatsorchester Stuttgart begleitet die Sängerinnen und Sänger ausgesprochen einfühlsam.
Insbesondere Franz Hawlata (Bassbariton) brilliert als umtriebiger Räuber Hotzenplotz. Der echauffierten Großmutter verleiht Maria Theresa Ullrich ein hervorragendes Profil. Sehr originell und hintersinnig werden Kasperl und Seppel von Elliott Carlton Hines und Dominic Große gestaltet. Torsten Hofmann lässt den Wachtmeister Dimpfelmoser sehr markant zur Wirkung kommen - und Heinz Göhrig steht ihm als undurchsichtig-dämonischer Zauberer Zwackelmann in nichts nach. Clare Tunney ist schließlich eine wunderbar strahlkräftig singende Fee Amaryllis. Die zahlreichen Kinder waren bei dieser Aufführung restlos begeistert und spendeten grenzenlosen Jubel. Und es regnet auch Konfetti. Eine Sternstunde des Musiktheaters.