29. Oktober bis zum 26. November 2011, dieses Jahr mit dem Schwerpunkt Israel / Palästina.
Mit den brisanten Verhältnissen im Nahen Osten setzt sich dieses Jahr das Festival «Welt in Chur» auseinander. Dem Theater Chur ist es gelungen, sechs spannende Theater-, Tanz- und Musiktheaterproduktionen aus Israel und Palästina, Koproduktionen und Gastspiele, nach Chur einzuladen.
Am Eröffnungswochenende zeigt das Theater Chur mit «The Peace Syndrome», vom Theater Heidelberg und des Teatron Beit Lessin, Tel Aviv, inszeniert von Torge Kübler und mit «In der Strafkolonie» nach Franz Kafka der palästinensischen Gruppe ShiberHur des Regisseurs Amir Nizar Zuabi sowie einem Symposium zum Thema «Kann Theater Konflikte lösen?» die verschiedenen Welten, Ansichten und Lösungsstrategien in einem der grössten und langanhaltendsten Konfliktherde der Welt.
In dem hochaktuellen, dokumentarischen Theaterprojekt «The Peace Syndrome» forscht Regisseur Torge Kübler und ein Ensemble aus israelischen und deutschen Schauspielern nach der Faszination und den Widersprüchlichkeiten des kulturellen Engagements in einer der komplexesten Krisenregionen der Welt. Willkommen in Israel und auf der Westbank: Derselbe grenzenlose Himmel spannt sich über Israelis und Palästinenser, über ihren Anspruch auf Heimat und eine ganz andere, oft genug diametral
entgegengesetzte Vorstellung von Frieden. Eine Israelin, pragmatisch und schlagfertig, ein israelischer Palästinenser, impulsiv und Überlebenskünstler, ein deutscher Jude und sein deutscher Volontärskollege, beide sendungsbewusst bis überheblich, aber frustriert, weil sie als Konfliktlöser nicht ernst genommen werden. Mit Ironie und Tempo entsteht vor diesem Himmel ein Patchwork aus Geschichten zwischen Kibbutz, Altersheim, Ramallah und Sperrmauer. Dass die Wirksamkeit des Theaters gefürchtet wird, dafür steht die Ermordung des palästinensisch-israelischen Theatermachers Juliano Mer-Khamis Anfang April 2011 vor seinem Freedom Theatre im Flüchtlingslager Jenin. Ihm hat Torge Kübler sein Stück gewidmet.
Die palästinensische Produktion «In der Strafkolonie», nach der gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka (erstmals 1919 veröffentlicht), liefert ein komplexes Statement zur Relativität von Gerechtigkeit, der Beziehung von Macht und der Korruption menschlichen Mitleids. Es zeigt die Gefahren von Fanatismus und blindem Glauben an Selbstjustiz auf. Einem Forschungsreisenden wird in einer fernen, isolierten Kolonie das dortige Rechtssystem vorgeführt. In einem grausamen Bestrafungsprozedere wird jeder Delinquent unabhängig von seiner Schuld oder Unschuld durch einen seltsamen Apparat
in einem minutiösem Ablauf gerichtet und gleichzeitig exekutiert. In allen Arbeiten des jungen israelisch-palästinensichen Regisseurs und Theaterautors Amir Nizar Zuabi spiegeln sich die Verhältnisse des geteilten Landes wieder. Sein Theater ist ein Theater des Konfliktes, ebenso wie der Hoffnung und des Dialoges. Amir Nizar Zuabi inszeniert in Israel wie auch zwischen den Fronten in den palästinensischen Gebieten Israels und in London. Die Schweizer Erstaufführung «In der Strafkolonie» entsteht mit seiner eigenen Gruppe ShiberHur in Koproduktion mit dem Young Vic Theatre London und dem Theater Chur.
Die zwei Eröffnungsinszenierungen werden von einem Themenwochenende begleitet. Am Samstag, 29. Oktober diskutieren der Regisseur Torge Kübler, der Filmregisseur und Gründer des Cinema Jenin, Marcus Vetter, sowie eine Vertretung des Bundesdepartementes für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) die Frage, ob Kultur und insbesondere Theater, einen Dialog zwischen Israel und Palästina anfachen können, der auf keine andere Weise mehr möglich scheint. In diesem Zusammenhang berühmt wurde das Freedom Theatre Jenin, dessen Leiter Juliano Mer-Khamis im Frühjahr 2011 ermordet wurde. Sein Film «Arna’s Children», der am Sonntag, 30. Oktober in der Café- Bar des Theater Chur zu sehen ist, dokumentiert die nicht unumstrittene Aufbauarbeit seiner Mutter und verfolgt die Lebenswege ihrer «Theaterschüler» über fast fünfzehn Jahre. Nicht aus allen werden friedliche Bürger, sondern auch Selbstmordattentäter und Untergrundkämpfer. Muss damit das Projekt «Theatralischer Dialog statt Waffengewalt» als gescheitert betrachtet werden? Im Anschluss diskutieren der Regisseur Amir Nizar Zuabi, der Schauspieler Makram Khoury und weitere Gäste über die Situation in Palästina: Unter welchen Bedingungen entsteht Theater dort, welche Ausbildungs- und
Arbeitsmöglichkeiten haben Theaterschaffende?
CH-Erstaufführung
Sa 29. Okt. 2011 20 Uhr
THE PEACE SYNDROME
Dokumentarisches Theaterprojekt von Torge Kübler und Ensemble
(in Deutsch und Hebräisch mit deutschen Untertiteln).
Mit: Yuval Scharf, Natanaël Lienhard, Matthias Rott, Amir Shoresh
Regie: Torge Kübler
Bühne & Kostüme: Harel Luz
Dramaturgie: Jan Linders & Julia Reichert
Künstlerischer Berater: Ariel Nil Levy
Produktionsleitung: Jenny Flügge
Produktion: Theater Heidelberg & Teatron Beit Lessin, Tel Aviv
CH-Erstaufführung / Koproduktion
So 30. Okt. 2011 20 Uhr
IN DER STRAFKOLONIE
Schauspiel aus Palästina nach der gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka
Einführung um 19.30 Uhr im Seitenfoyer
Mit: Taher Najib, Amer Hlehel, Makram Khoury
Inszenierung & Adaption: Amir Nizar Zuabi
Bühne: Ashraf Hanna
Licht: Jackie Shemesh
Musik: Rimon Hadad
Produktion: ShiberHur
Koproduktion: The Young Vic Theatre, London und Theater Chur
Sa 29. Okt. 2011 17 – 18.30 Uhr in der Café-Bar
PODIUMSDISKUSSION mit u.a. Torge Kübler, Marcus Vetter
Moderation: Christine Bocksch (ITI Suisse)
So 30. Okt. 2011 16 Uhr in der Café-Bar
ARNA’S CHILDREN
Film von Juliano Mer-Khamis
So 30. Okt. 2011 18 Uhr in der Café-Bar
PODIUMSDISKUSSION mit u.a. Amir Nizar Zuabi, Makram Khoury
Koproduktion
Mi 9. Nov. 2011 20 Uhr
VORURTEILE – THE HOLY COASTER (S)HIT CIRCUS
Eine Zusammenarbeit von Theater und Tanz Peng!Palast (Schweiz/Deutschland)
und Machol Shalem Dance House (Israel).
CH-Erstaufführung / Festival Culturescapes 2011
Do 17. Nov. 2011 20 Uhr
ANIMAL LOST
Tanztheater von Oded Graf und Yossi Berg
CH-Erstaufführung / Koproduktion / Festival Culturescapes 2011
Fr 25. / Sa 26. Nov. 2011 20 Uhr
DIE JAFFA™-ORANGEN DES RICHARD W.
Ein israelisches Rheingold
Musiktheater von Alexander Charim
Infos www.theaterchur.ch