In einer Neuinterpretation dieser Musik entwirft Birgit Scherzer in ihrem Tanzstück das Psychogramm eines jungen Mannes – Siegfried – an der Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsensein. Durch die Begegnung mit einer
Welt jenseits der Realität, im Reich Rotbarts und der verwandelten Schwäne, findet Siegfried gemeinsam mit Odette den Weg zum selbstbestimmten Ich und zu einer – wenn auch ungewissen – Zukunft als liebender Mensch. Eine Geschichte zwischen Phantasie und Wirklichkeit, der ein altes Volksmärchen zugrunde liegt:
„Unfern der Stadt Zwickau, im Erzgebirge, liegt das Schwanenfeld, welches den Namen hat von einem Weiher, Schwanenteich genannt, der heutzutage zwar beinahe versiegt, aber doch nicht ausgetrocknet ist. Das Wasser desselben hat die Eigenschaft, Frauenschönheit ewig jung zu erhalten. Aber wie nicht einer jeden Wolke Saum von der Sonne vergüldet wird, wie nicht jede Blume, die erfrischender Morgentau tränkt, hohe Farben spielt, so würde auch nicht jede Frau durch ein Bad in der Wunderquelle Jugend und Schönheit fesseln. Nur an Vertreterinnen des Feengeschlechts äußert ihr Wasser diese wundersame Eigenschaft oder an solchen sterblichen Frauen, die, sei es auch im tausendsten Glied, aus der Sippschaft der Feen abstammen. Darum ist auch die magische Kraft des Wassers wenig bekannt.“ (Johann Karl August Musäus: „Der geraubte Schleier“)