Und für eben diese Gesellschaft ist es unvorstellbar, dass einer der ihren sich mit einem „Maure, Moor of Venice, Berber“ eingelassen haben kann. Dabei liest sich Othellos Biografie zunächst einmal wie eine Erfolgsgeschichte der Anpassung und Integration eines entwurzelten Fremden: geflohen vor Krieg und Gewalt, als Sklave verkauft, macht er Karriere als General der venezianischen Armee. Das Bild täuscht.
Und so nimmt in dieser brisanten Opposition zwischen Eigenem und Fremdem die Tragödie ihren katastrophalen Verlauf: Othello wird nach Zypern entsandt, um die venezianische Garnison im Mittelmeer gegen türkische Angriffe zu verteidigen.
Zypern steht bei Shakespeare für jenen Schwellenort, so der Anglist und Amerikanist Bernhard Klein, „an dem die militärische und moralische Konfrontation zwischen West und Ost, zwischen Christentum und Islam, oder grundsätzlicher: zwischen Zivilisation und Barbarei, ausgefochten werden soll“.
Auf obskure Weise durchbricht Othello geografische, magisch-irdische, kulturell-ethnische Grenzen. Das macht ihn für seine Umwelt in vielerlei Hinsicht zur Projektionsfläche für kulturelle, ethnische, moralische und sexuelle Phantasmagorien und Ressentiments.
Mit: Alexander Angeletta, Lucie Emons, Lars Jung, Simon Käser, Katharina Lütten, Ahmad Mesgarha, Thomas Schumacher, Paula Skorupa, Daniel Sträßer
Regie: Thorleifür Örn Arnarsson
Bühne: Julia Hansen
Kostüm: Sunneva Ása Weisshappel
Dramaturgie: Beate Heine