In Deutschland werden bis zu 400 Milliarden Euro im Jahr vererbt. Was wäre, wenn dieses Geld radikal umverteilt würde? Die neue Komödie von Nora Abdel-Maksoud katapultiert vier Figuren in das Szenario einer Erbrechtsreform. Bevor das Stück nach dem Lockdown auf die Bühne kommt, können Sie sich live zur Tischprobe des rasanten Textes zuschalten.
Jeeps – Behind the Scenes
Live-Stream der Tischprobe
Text und Regie: Nora Abdel-Maksoud
Mit: Eva Bay, Gro Swantje Kohlhoff, Stefan Merki, Vincent Redetzki
Musik: Enik
Wann: Samstag, 23.01. um 20 Uhr
Mit messerscharfem Blick und schwarzem Humor entwirft Nora Abdel-Maksoud in „Jeeps“ das Szenario einer skurrilen Erbrechtsreform. Die Reform verlagert den Zufall der Geburt in eine Familie mit oder ohne Besitz auf den Zeitpunkt des Vererbens. Ohne Ansehen der Person, ohne Berücksichtigung der privaten Umstände wird im Todesfall jedes Erbe staatlich konfisziert und per Zufallsprinzip neu verlost. Zur bürokratischen Umsetzung dieser tiefgreifenden Änderung wird ausgerechnet das Jobcenter auserkoren: Es verwaltet nunmehr nicht ausschließlich Armut und Arbeitslosigkeit, sondern auch Vermögen und Erbschaften. So nimmt der Text die zwei Extreme der gesellschaftlichen Verteilungsdebatte gleichzeitig ins Visier: Wieviel Geld sichert die Existenz? Und wer gibt wann etwas ab?
Damit ist der leidenschaftliche Schlagabtausch der turbulenten Komödie eröffnet. Die vier Figuren müssen sich zwischen proklamierter Leistungsgerechtigkeit und tatsächlicher Ungleichheit, altruistischen Prinzipien und liebgewonnenen finanziellen Sicherheiten neu orientieren. Denn die erdachte Erbrechtsreform erscheint den Figuren alles andere als gerecht und bringt sie an ihre Grenzen: Sie bedroht Karrieren, den Distinktionswert hart ersparter Statussymbole und den gewohnten Büroalltag in der verantwortlichen Behörde. Hier begegnet man der neuesten Volte der Sozialpolitik mit allen Registern der Verwaltung. In schnellen Dialogen, mit Wortwitz und Präzision seziert Abdel-Maksoud die Bedingungen einer Gesellschaft, in der das individuelle Erbprinzip Lebensentwürfe und soziale Realitäten bestimmt.
Nora Abdel-Maksoud wurde in München geboren. Sie studierte Schauspiel, schreibt und inszeniert seit 2012 eigene Theatertexte – Komödien, die unter anderem Klassenverhältnisse in den Blick nehmen. Dabei bleiben Schreiben und Spielen eng verknüpft: Noch vor der Textarbeit steht eine erste Arbeit mit den Spieler*innen. 2017 wurde sie als „Nachwuchs- Regisseurin des Jahres“ (Theater heute) und mit dem Kurt-Hübner-Preis für Regie ausgezeichnet. Ihr Stück „Café Populaire“ wurde 2019 zum Schweizer Theatertreffen, zu den Autorentheatertagen Berlin und – als drittes Stück nach „Kings“ und „Making Of“ – zum Festival radikal jung eingeladen. Für den Theatertext erhielt die Autorin 2019 den Hermann-Sudermann-Preis.
Weitere Informationen zu „Jeeps-Behind the Scenes“ finden Sie unter:
ww1.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/jeeps-behind-the-scenes