"Mozart? Mozart!" ist die erste Ballettpremiere an der wiedereröffneten Rheinoper. Aufgeführt werden "Requiem" in der Choreographie von Petr Zsuka, "Petite Mort" und "Sechs Tänze" choreographiert von Ji?i Kylián.
Das "Requiem" ist Mozarts letzte Komposition, sie blieb unvollendet. Zur Aufführung gelangt es zumeist mit den Ergänzungen von Franz Xaver Süßmayr. Der Prager Choreograph Petr Zuska bedient sich für seine Ballettchoreographie des "Requiems" einer Version, bei der die Fehlstellen von Richard Rentsch (geb. 1961) zeitgenössisch ergänzt wurden. Das ist kongenial gelungen und in etwa vergleichbar mit neueren Restaurierungsmethoden bei Gemälden, bei denen das Ursprüngliche, Erhaltene und die Brüche sichtbar bleiben. In diesem Falle eben hörbar. Ein geglücktes Unterfangen.
Das Ballett selbst hat quasi eine Rahmenhandlung, in der der kleine Mozart etwas verloren über die Bühne streicht. Er hat so gar nichts von dem Mozart, der einst (laut Bericht seines Vaters) in Schönbrunn der Kaiserin auf den Schoß gesprungen, sie umhalst und "rechtschaffen abgeküsst" hat. Hier wirkt er traumverloren. Ferner treten die Mutter und der Vater auf. Eine Reminiszenz auf das vergangene Leben?
Ein mit einem großen Stofftuch verdecktes Möbel weckt Assoziationen an Sarg und Bett und entpuppt sich als gläsernes Klavierskelett. Dabei wird es als Requisit etwas überstrapaziert. Man ahnt, wohin die Choreographie zielen möchte (Thanatos und Eros), wünschte sie sich aber entschiedener und mutiger und einige Passagen mit weniger Längen. Nichtsdestotrotz eine großartige Leistung, sicher getanzt und mit wunderbaren Partien und Gruppenszenen.
Ein absolutes Highlight sind aber nach der Pause die beiden Choreographien von Ji?i Kylián. Hier ist es gelungen den Mozartschen Geist in unübertrefflicher Weise überzeugend für das Ballett umzusetzen. Mit phantasievollen Einfällen voller Leichtigkeit und Esprit weiß Kylián das Publikum zu erheitern und zu bezaubern. "Petite Mort" nimmt das Thema aus dem Requiem scheinbar wieder auf, die Auflösung im kleinen Tod (auf deutsch "Orgasmus") spiegelt die des großen wider. Hier aber wird das Machogehabe durch Florettspiel entlarvt. Hinter pompösen rollenden Stahlkrinolinen, (die die Düsseldorfer an die Meninas von Manolo Valdés erinnern mögen), die zugleich Schutz bieten und Macht demonstrieren, halten sich sechs Tänzerinnen in fleischfarbenen Trikots verborgen. Ein Geschlechterspiel mit umgekehrten Waffen, alles mit Ironie und heiterem Sinn.
"Sechs Tänze" zeigen das Burleske Mozarts. In heiteren Kapriolen necken sich die Paare. Ein riesenhafter Tänzer ist hinter einer Krinoline verborgen, eine kopflose Krinoline taucht mit Florett im Torso auf, ein Tänzer, der einen Apfel mampft, hat sich ebenfalls hinter einer Krinoline verborgen. Zwischen all der Leichtigkeit scheint man für Bruchteile von Sekunden auf die Gräuel der Französischen Revolution zu blicken, was auch an den Kostümen und gepuderten, manchmal staubenden Perückenfrisuren liegen mag. Alles löst sich jedoch ins Heitere, Poetische auf, wenn Tausende von Seifenblasen über die Bühne schweben.
Dirigent Martin Fratz
Choreografie: Jirí Kylián
Choreografie: Petr Zuska
Bühne: Jan Dusek
Kostüme: Keso Dekker
Chor: Gerhard Michalsk
Sopran: Romana Noack
Mezzo: Katarzyna Kuncio
Tenor: Fabrice Farina
Premiere 26. Oktober 2007