Doch ausgerechnet ihm, dem Verhaltensforscher, will das nicht gelingen. Immer wieder wird er zu der Nacht zurückkehren, in der er auf einer Party seine spätere Frau traf. Wenn es ihm gelänge, seine Frau nicht kennenzulernen, dann würde sein Leben anders und vielleicht glücklicher verlaufen. Doch was er auch unternimmt, um zu einem anderen Verlauf seiner Lebensgeschichte zu kommen, jedes Mal wird die charmante Antoinette Stein am Ende des Abends bei einem Glas Whisky in seiner Wohnung sitzen und fasziniert einer alten Spieluhr lauschen, die immer die gleiche Melodie spielt und deren Figuren immer die gleichen Bewegungen machen.
Max Frisch, der lange mit seinen eigenen Lebensentwürfen und seinen Beziehungen haderte, hatte seinem Stück ein Zitat aus Anton Tschechows Drei Schwestern vorangestellt: »Ich denke häufig; wie, wenn man das Leben noch einmal beginnen könnte, und zwar bei voller Erkenntnis? Wie, wenn das eine Leben, das man schon durchlebt hat, sozusagen ein erster Entwurf war, zu dem das zweite die Reinschrift bilden wird! Ein jeder von uns würde dann, so meine ich, bemüht sein, vor allem sich nicht selber zu wiederholen, zumindest würde er für sich selbst eine andere Lebensweise schaffen …«
Mit Biografie: Ein Spiel wich der erfolgreiche Dramatiker in den sechziger Jahren von seiner gewohnten parabelhaften Form ab und entwickelte eine Dramaturgie des Zufalls. Frischs Komödie schreitet in seiner sich ständig verändernden Rückschau in immer neuen Varianten stetig voran, und es lässt seinen Hauptdarsteller, dem der Autor ein Alter Ego zur Reflexion an die Seite gestellt hat, immer haltloser werden. So ähnelt das Stück jenen faszinierenden Zeichnungen von M.C. Escher, dessen »unmögliche Perspektiven« uns augentäuschend die einfache Wahrheit zeigen, dass eine Treppe zugleich hinauf- als auch hinunterführen kann, uns aber nicht wissen lässt, wo unten und wo oben ist. Und so ähnlich verheddert sich der Verhaltensforscher Kürmann in seiner immer wieder neu begonnen Biografie. Das ist für ihn zutiefst verwirrend und für uns überraschend komisch.
Günther Beelitz inszeniert Max Frischs Stück, in dem die Menschen vor sich selbst Komödie spielen, zum Ende seiner Intendanz am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Kürmann – Andreas Grothgar
Antoinette – Katrin Hauptmann
Registrator – Dirk Diekmann
Regie – Günther Beelitz
Bühne – Heinz Hauser
Kostüme – Aleksandra Kica
Musik – Bojan Vuletić
Dramaturgie – Dirk Diekmann
Matinee am 03. April / CENTRAL / FOYER-BRÜCKE 11:00 Uhr
Weitere Vorstellungen im April: 12.04., 14.04., 22.04. und 25.04.