Vormärz, Romantik, Biedermeier: drei Begriffe für die Epoche zwischen 1815 und 1848, die sie jeweils mit unterschiedlichen Gesichtspunkten beleuchten. Es ist die Zeit, in der Otto Nicolai lebte, dessen Oper "Die Lustigen Weiber von Windsor" jetzt an der Deutschen Oper am Rhein zu sehen ist und die Dietrich W. Hilsdorf in die Zeit ihrer Entstehung verlegt.
Die Ouvertüre erklingt, während man auf einen Gazevorhang mit einer vergrößerten Kopie von Caspar David Friedrichs Gemälde "Abtei im Eichwald" blickt. Das Licht erhellt kurz eine Szene dahinter, in der ein Mann an einem Galgen erhängt wird. Das war es auch schon mit der Bezugnahme auf politische Wirrnisse in der Nachfolge der napoleonischen Kriege mit Verfolgung, Zensur, Willkür, als deren Resultat auch das sich Zurückziehen in das biedermeierliche Idyll und die scheinbarere Weltflucht der Romantiker ins Phantastische anzusehen ist. Was dann in dieser Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf folgt, ist allzu brav. Nicolais Oper "Die Lustigen Weiber von Windsor" zählt ohnehin nicht zu den musikalischen Highlights des Opernrepertoires und wird folglich auch selten gespielt, hier wurde die Chance vertan, sie wiederzubeleben. Inhaltlich hält sich die Oper weitgehend an Shakespeares Dramenvorlage, der sein Stück um 1600 auf Wunsch von Königin Elizabeth I. schrieb, um die beliebte Figur des adeligen Falstaffs aus seinen beiden Henry-Dramen ausführlich zu würdigen. Aufgrund des Stoffes und der derben Sprüche des liederlichen Protagonisten war das sicherlich auch den Parkettstehern eine Freude.
Der adelige Falstaff genießt die Freuden des Lebens im Übermaß. Sein finanzieller Engpass bringt ihn auf die Idee, sich zweier reicher, bürgerlicher Ehefrauen, Frau Fluth und Frau Reich, anzudienen. Allerdings sind die beiden miteinander bekannt und erbost darüber, dass er ihnen identische Briefe zukommen lässt. Sie beschließen, sich zu rächen und zugleich den Gatten Fluth von seiner Eifersucht zu kurieren.
Falstaff ist wohlbeleibt, huldigt dem Saufen und Fressen, dem Spiel, Raufereien und derben Sprüchen und ist auf Liebespirsch. Hier jedoch hat Hans-Peter König als Falstaff so gar kein Auge für weibliche Reize, ihm liegt das Essen mehr. Wie er auf diese Art sein Ziel erreichen will, ist fraglich, umso bewundernswürdiger, wie sich essen und gleichzeitiges Singen vereinbaren lassen! Mehrfach muss er sich vor dem eifersüchtigen Herrn Fluth auf unwürdige Weise retten. Inzwischen hat die ganze Stadt von der Affäre Wind bekommen und tobt ihre Empörung in einem finalen Verkleidungsspiel an Falstaff aus.
Nicolais "lustige Weiber" muss ja nicht gerade in Gesellschaftskritik ausarten, aber einen veritablen Spaß hätte man schon erwarten dürfen, in Hilsdorfs Inszenierung sind die Saufszenen zu langatmig, die Personencharakterisierung zu eindimensional, einzig Anke Krabbe als Frau Fluth vermag dem Spiel der Verwirrungen etwas quirliges Leben einzuhauchen, aber das ist zu wenig um beim Zuschauer richtig zu zünden.
"Die lustigen Weiber von Windsor" von Otto Nicolai
Komisch-fantastische Oper in drei Akten nach Shakespeares gleichnamigem Lustspiel
Libretto von Hermann Salomon Mosenthal
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung: Dietrich W. Hilsdorf
Bühne: Dieter Richter
Kostüme: Renate Schmitzer
Licht: Volker Weinhart
Chorleitung: Gerhard Michalski
Dramaturgie: Bernhard F. Loges
Sir John Falstaff: Hans-Peter König
Frank Fluth: Richard Sveda
Georg Reich: Sami Luttinen
Sir Richard Fenton: Ovidiu Purcel
Abraham Spärlich: Florian Simson
Dr. Jean-Jacques Cajus: Daniel Djambazian
Alice Fluth: Anke Krabbe
Margarete Reich: Marta Márquez
Jungfer Anna Reich: Luiza Fatyol
Küster: Peter Clös
Assistent des GMD: Ralf Lange
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker
Premiere: Freitag, 24. Juni 2016, 19.30 Uhr – Opernhaus Düsseldorf
Nächste Aufführung in Düsseldorf: 09.07.2016