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"Leben mit einem Idioten", Oper von Alfred Schnittke - Opernhaus Zürich

Als Strafe für mangelndes Mitleid soll der Schriftsteller «Ich» einen Idioten bei sich zuhause aufnehmen. Das scheint eine leicht zu bewältigende Aufgabe: «Ich» zieht los und sucht sich seinen Idioten aus; dabei ist er von sich selbst und seiner Bereitwilligkeit, einen «heiligen Narren» zu beherbergen, durchaus eingenommen.

 

Copyright: Opernhaus Zürich

Der Idiot scheint sich brav in das Leben von «Ich» und seiner Frau einzufügen; nur mit dem Sprechen will es nicht klappen, ausser «Äch!» gibt er kein Wort von sich. Als dann der Idiot eines Tages plötzlich und ohne Vorwarnung zum ersten Mal auf den Teppich scheisst, beginnt eine unkontrollierbare Spirale aus Gewalt, Sex und Anarchie.

1992 wurde Alfred Schnittkes Oper Leben mit einem Idioten in Amsterdam uraufgeführt. Der titelgebende Idiot wurde schnell als eine Karikatur Lenins entschlüsselt, die absurd-groteske Geschichte als eine bitterböse Parodie auf den Alltag in der Sowjetunion. Doch schon der Komponist hat darauf hingewiesen, dass es in seiner Oper «auf keinen Fall allein um den Kommunismus» geht, sondern viel mehr noch um einen allgemeinen Zustand, in dem «das Irrationale das Rationale beherrscht».

Und so wird Regisseur Kirill Serebrennikov das Stück als die dystopische, heutige Geschichte eines Ehepaares auf die Bühne bringen, für das der Idiot zum Katalysator ihrer ohnehin toxischen Beziehung wird – ein Katalysator, der die dunkelsten, destruktivsten Triebe des Menschen ebenso an die Oberfläche bringt wie die Bereitschaft zu Aggression und Gewalt. Schnittkes Musik, die Zitate aus Bachs Matthäus-Passion, die kommunistische Internationale, das Volkslied vom Birkenbäumchen, einen Tango aus den 30er-Jahren und weitere Anklänge an Chopin, Mahler, Schostakowitsch und andere in einer polystilistischen Collage-Technik miteinander verbindet, hat ein grosses Potential an Witz und Ironie, das sich mit der Philharmonia Zürich unter der Leitung von Jonathan Stockhammer entfalten wird. Susanne Elmark, Bo Skovhus sowie der Chor der Oper Zürich, der den ganzen Abend auf der Bühne steht, stellen sich den enormen Herausforderungen ihrer Partien.

Libretto von Viktor Jerofejew
In deutscher Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer ca. 1 Std. 45 Min. Keine Pause. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.

Musikalische Leitung Jonathan Stockhammer Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme Kirill Serebrennikov Kostümmitarbeit Tatiana Dolmatovskaya Lichtgestaltung Franck Evin Video Ilya Shagalov Choreografie und Regiemitarbeit Evgeny Kulagin Bühnenbildmitarbeit Olga Pavluk Masken Shalva Nikvashvili Choreinstudierung Janko Kastelic, Johannes Knecht, Ernst Raffelsberger Dramaturgie Beate Breidenbach, Daniil Orlov

Ich
Bo Skovhus
Frau
Susanne Elmark
Idiot
Matthew Newlin
Wärter
Magnus Piontek
Marcel Proust
Birger Radde
Idiot/ Double
Campbell Caspary
Philharmonia Zürich
Chor der Oper Zürich
Statistenverein am Opernhaus Zürich

Vorstellungen: 8 Nov bis 1 Dez 2024
Unterstützt von    Clariant Foundation

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