Bereits in der Vergangenheit standen bedeutende Werke von Henze als Produktionen der Sächsischen Staatsoper auf dem Spielplan: »Der junge Lord« als DDR-Erstaufführung im Jahre 1967, das Ballett »Undine« im Jahr der Wende und die Erfolgsoper »Die Bassariden« im Jahre 1997.
Wo sich Orient und Okzident treffen
Mit »L’Upupa« führt Hans Werner Henze den Zuschauer und –hörer in ein klanglich und erzählerisch magisches Reich. Es ist eine Märchenoper, die ein höchst farbenreiches Spiel zwischen Orient und Okzident entfaltet, was bereits die vom Komponisten vorgenommene Untertitelung der Oper bezeugt:
»Ein deutsches Lustspiel. Elf Tableaux aus dem Arabischen«. Tatsächlich scheinen sich hierin Abend- und Morgenland zu treffen. Inspirationsquelle nach Henzes eigener Aussage war ein syrisches Märchen, aber die in der Oper verhandelten Motive scheinen uns sehr vertraut und wirken wie aus »unserer« Märchenwelt entsprungen. Es ist eine Reise voller Abenteuer, in der ein alter Mann seine drei Söhne in die Welt schickt, in der ein goldener Vogel, eine Prinzessin, eine Kiste mit geheimnisvollem Inhalt, oder auch zu bestehende Prüfungen ihre festen Plätze einnehmen.
Opern-Paten
Als »ein bisschen zauberflötig« benennt der Komponist sein eigenes Werk, Mozart scheint tatsächlich eine Inspirationsquelle gewesen zu sein. Wie in Mozarts letzter Oper gibt es auch hier die Weisung, eine schwierige, mit Prüfungen versehende Reise anzutreten. Sarastro dort und Dijab hier, beide sind Herrscher von Ländern, in denen man die Rache nicht kennt. Begegnet uns nicht zudem »L’Upupas« orientalisches Kolorit bereits in der »Entführung aus dem Serail«, deren Osmin sich problemlos unter den dumpf drohenden Inselwächtern in Henzes Oper befinden könnte? Auch die vielschichtige und helle Instrumentationskunst, die Magie erzeugenden Klangmischungen und die kantabel geführten Melodielinien lassen subtil an Mozarts Kunst denken.
Aber auch die Parallelen zu anderen deutschen Opern werden hier deutlich, wie der Regisseur Nikolaus Lehnhoff äußert. So gäbe es das zentrale Motiv des Prüfungsweges auch in Opern wie »Der Freischütz«, »Die Meistersinger von Nürnberg« oder »Parsifal«, offenbar eine Grundthematik, die sich unabhängig vom Kulturraum immer in den unterschiedlichsten Künsten niederschlug und noch heute immer wieder zur kreativen Auseinandersetzung anregt.
Ein Durch-Prüfung-zum-Licht-Gelangen (Nikolaus Lehnhoff)
Nikolaus Lehnhoff bezeichnet »L’Upupa«, in der der jugendliche Held unterschiedliche Stationen durchläuft, folgendermaßen: »Es ist eine Reise zum Ursprung des Lebens – aber es bleibt ein Fragezeichen am Schluss!« Dieses Fragezeichen am Schluss bedeutet, so Nikolaus Lehnhoff, dass es sich nur um eine Reise handeln könne, die nicht aufhöre; eine Reise, die ihren Sinn in der Suche an sich sehe und nicht in einem finalen Ankommen an einem bestimmten Punkt. Dieses steht wiederum traditionellen Märchen unserer Breitengrade entgegen, wo am Schluss die Figuren geläutert sind, so dass dieses Märchen in seiner hohen Symbolhaltigkeit tatsächlich als Mischung von Motiven aus unterschiedlichen Kulturkreisen erkennbar ist. Es scheint sich aber doch ein Kreis zu schließen, wenn der Vogel nach langer Reise dem Vater überreicht wird. Doch auch hier, so Lehnhoff, werde die Reise zum Sinn des Lebens deutlich, indem der alte Mann das Wiedehopfweibchen aus seiner Gefangenschaft befreit und fliegen lässt – die Tat als Erkenntnismoment.
Henze-Prolog
Henze äußerte sich im Jahre 2000 folgendermaßen zu Spielort und Opernexposition, die den Movens der Handlung erklärt: »Eine neue Oper: In den letzten Wochen wurde das erste Tableau hierzu durchdacht und skizziert, nun wollen wir heute mal ganz langsam und behutsam mit der Ausarbeitung beginnen. Es handelt sich um einen Monolog-Prolog: Ein alter Mann auf seinem Turm in einem halb vorhandenen, halb erfundenen Arabien, demselben Land, dem auch meine »Sechs Gesänge aus dem Arabischen (1997)« entstammen, hält Ausschau nach einem goldenen Wiedehopf, der ihm davongeflogen (nachdem der arg begeisterte Alte ihn versehentlich und ungeschickt gröblich behandelt hat, wovon eine ausgerissene Feder Zeugnis ablegt), er ist untröstlich ob des erschöpften und vergeblichen Wartens hier oben, es scheint, dass l’Upupa, die Entflogene, für alle Zeit davon ist. Er erzählt uns, dass er, um nicht vor Kummer zu sterben, seine drei Söhne ausgeschickt hat, auf drei verschiedenen Wegen die Suche nach dem märchenhaften Wesen zu betreiben.«
Stefan Ulrich, Dramaturgie
Musikalische Leitung Stefan Lano
Inszenierung Nikolaus Lehnhoff
Bühnenbild Roland Aeschlimann
Kostüm Andrea Schmidt-Futterer
Choreinstudierung Ulrich Paetzholdt
Dramaturgie Stefan Ulrich
Badi’at el-Hosn wal Dschamàl: Claudia Barainsky
Der Dämon: John Mark Ainsley
Der alte Mann: Wolfgang Schöne
Malik: Christa Mayer
Djiab: Jacques-Greg Belobo
Al Kasim: Markus Butter
Adschib: Jacek Laszczkowski
Gharib: Georg Zeppenfeld
Es singt der Staatsopernchor.
Es spielt die Sächsische Staatskapelle Dresden.
weitere Vorstellungen:
04.06.2009 Donnerstag 11 Uhr
06.06.2009 Samstag 19 Uhr
22.06.2009 Montag 19:30 Uhr
28.06.2009 Sonntag 20 Uhr
02.07.2009 Donnerstag 19 Uhr
08.11.2009 Sonntag 19 Uhr
14.11.2009 Samstag 19 Uhr
16.11.2009 Montag 11 Uhr
Reise ohne Ende
Damit beginnt die Reise, auf die die Söhne des alten Mannes zu Aufspüren des Vogels geschickt werden. Die zwei ältesten erweisen sich dabei als hintertrieben, faul und unwillig, sich den kommenden Herausforderungen zu stellen. Allein der jüngste Sohn, der tugendhafte Al Kasim, stellt sich der Aufgabe. Auf seinem gefahrenreichen Weg durch ferne Länder gesellt sich ein gutherziger Dämon zu ihm, der ihn in seiner allzu großen Arglosigkeit beschützt. Wie in einer Kettenreaktion folgt auf jede gelöste Aufgabe die nächste: So muss der goldene Vogel aus einem verwunschenen Garten eines fernen Königreichs entführt werden, in der nächsten Etappe wird aus einer Festung das gefangene Mädchen Badi’at befreit. Nach weiteren Stationen treten der Dämon, Al Kasim und das Mädchen, mittlerweile die Geliebte des Abenteurers, wieder den steinigen Rückweg in sein Land an, und schließlich gelangt der Vogel in die Hände des Vaters. Doch es irrt, wer glaubt, der Vogel müsse damit sein Dasein in Gefangenschaft fristen und Al Kasim würde nun die Heimat nicht mehr verlassen – denn, so der Abenteurer: »Die Reise hört nie auf!«
Stefan Ulrich Dramaturgie