Varus, der schon halb Germanien besetzt hat, harrt einer Entscheidung Hermanns, des Cheruskers: Unterwirft und verbündet sich dieser und zieht gemeinsam mit Varus gegen seinen Landsmann Marbod in die Schlacht oder verweigert er sich diesem Bündnis, auch auf die Gefahr hin, von Rom und Marbod gleichermaßen angegriffen zu werden? Hermann, Spieler und Stratege, getrieben von dem Willen zur Freiheit, ersinnt einen Ausweg: Vordergründig verbündet er sich mit Rom, im Geheimen aber sucht er den Zusammenschluss mit Marbod. Perfide und grausam die Massen manipulierend, mobilisiert er die zerstrittenen Germanenstämme, um gemeinsam aus dem Hinterhalt die römische Übermacht zu Fall zu bringen. Der Gedanke der Freiheit beherrscht alles. Moral, Ethik, materielle Interessen werden von ihm vertilgt. Hermann ist dermaßen besessen, dass er dieser seiner Sehnsucht sogar das vertrauens-vollste und intimste Bündnis, das zu seiner Frau, aufopfert: Thusnelda wird im Spiel um die Freiheit missbraucht und instrumentalisiert. Kleists Hermann ist kein klassischer Held. Seine absolute Radi-kalität im Kampf um die Freiheit, seine Widersprüchlichkeit im Verhalten, pendelnd zwischen Idealis-mus und Pragmatismus, lassen ihn gebrochen zurück. Hermanns Kampf – ein Endspiel ohne Sieger.
Mit der so lange als Propagandastück abgestempelten »Hermannsschlacht« schafft Kleist das Modell eines Befreiungskrieges. Vehement stellt das Stück die Frage danach, wie viel Brutalität, Amoralität und Grausamkeit der Kampf um die Freiheit verträgt. Es fragt, wie ein Mensch aussieht, der, aus edlen Zwecken handelnd, im Augenblick des Sieges vor den Trümmern der humanen und zivilisatorischen Errungenschaften steht.
Regie und Bühne: Dušan David Parizek / Kostüme: Heide Kastler / Musik: Roman Zach / Dramaturgie: Nora Khuon / Licht: Roland Edrich.
Es spielen: Katja Danowski (Thusnelda), Lukas Holzhausen (Hermann), Janning Kahnert (Eginhardt), Philipp Otto (Ventidius), Samuel Weiss (Varus).
Weitere Termine im September: 29.9.