Es ist das Jahr 1968. Peter Handke hat zwei Jahre zuvor mit „Publikumsbeschimpfung“, seinem ersten „Sprechstück im Beat-Rhythmus“, die bürgerlichen Zuschauer brüskiert und ist über Nacht zum jungen Popstar der Literatur geworden. Es ist die Zeit der Studentenbewegung. Die Zeit der Revolte gegen Konvention und Kodex – und die Bühne betritt Kaspar. Auf ungeübten Beinen, ein Wesen, halb Clown, halb Kind, versucht dieser Nachfahre des Kaspar Hauser seine ersten Schritte in eine Gesellschaft. Noch kennt er keine Sprache, keine Tradition, keine Zivilisation. Sein Sprachschatz umfasst nur einen einzigen rätselhaften Satz: „Ich möchte ein solcher werden wie einmal ein anderer gewesen ist“. Der Sonderling wiederholt ihn immer und immer wieder. Probiert ihn in allen Variationen aus.
Kaspar ist das asoziale Wesen mitten in unserer Gesellschaft. Ein Mensch ohne Mitmenschen. Ungebändigt, regellos und manipulierbar. Anonyme unsichtbare Sprecher, die sogenannten Einsager, mischen sich ein. Sie drillen Kaspar mit Wörtern und Sätzen.
Nach „Immer noch Sturm“ und „Die Stunde da wir nichts voneinander wußten“ ist „Kaspar“ das dritte HandkeStück auf dem Spielplan. Inszenieren wird Handkes „Klassiker“ die Regisseurin Leonie Böhm, die mit ihrer Thalia-Inszenierung „Nathan die Weise“ zum Festival Radikal Jung 2017 eingeladen wurde.
Regie Leonie Böhm
Bühne Sören Gerhardt
Kostüme Helen Stein, Lena Schön
Dramaturgie Christina Bellingen
Musik Johannes Rieder
Mit Jörg Pohl Live-Musik Johannes Rieder