Halb verdrehte Oberkörper, am Boden über die ganze Bühne kriechend, einzeln, ohne Berührung aneinander vorbei, Bewegungen, kraftvoll und sinnlich zugleich, in Zeitlupe, hier wird Langsamkeit geübt. Alles erscheint wie schwebend. Immer wieder findet man auch zueinander, sammelt sich. Ein stehender Haufen in großer, enger Umarmung, in den sich eine Performerin einwebt, in seiner Mitte verschwindet, mehr Nähe geht nicht. Auf einmal zieht das Tempo an, alle wirbeln über die Bühne. Dann hüpfen sie auf der Stelle, hören nacheinander auf bis auf eine Performerin, die lange weiter hüpft, bis sie endlich durch eine andere gestoppt wird. Mit dem Handylicht beleuchtet man die Körper der anderen in der Dunkelheit.
Für diese berührend schöne und meditative Choreographie hat sich Alexandra Waierstall von Rita McBrides Skulptur "Arena" anregen lassen. Die benutzbare Skulptur aus dem Jahr 1997 deutet die kompakten antiken Steinarenen in eine filigrane Holzkonstruktion mit modularem Charakter um. Tanz und Skulptur, beide dreidimensional, beide beschäftigen sich mit der Frage, wie sich Raum und Leere zueinander verhalten, wie sich der Körper im Raum verhält. Beim Tanz jedoch kommt noch die freie Bewegung und Musik sowie Beleuchtung hinzu. Einzelne Module lassen sich auch bei Waierstall entdecken, etwa im Spiel mit der Senkrechten und der Horizontale, die sich im Tanz in Abstand und Nähe ausdrücken, einer körperlichen Nähe, die zwar ungemein zärtlich wirkt, aber respektvolle Distanz in Beziehung zum anderen wahrt.
Alexandra Waierstall hat auch bei ihrer jetzt im Tanzhaus uraufgeführten Choreographie "HEART MOMENT – An Interlude for Düsseldorf" wieder mit Volker Bertelmann zusammen-gearbeitet, der die kongeniale Musik für dieses Stück komponiert hat, die die meditative Betörung des Publikums fördert. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Alexandra Waierstall es schafft, so eine dichte konzentrierte Atmosphäre zu erzeugen, dass selbst vom Publikum kein Hüstler bei leisen Stellen zu hören ist und am Ende Zeit für einen kleinen Nachklang gelassen wird, bis endlich der Applaus erklingt. Ganz in der Verzauberung gefangen ist dieser entsprechend nicht euphorisch, aber lang anhaltend. Nur schade, dass "HEART MOMENT" in dieser Form nach nur zwei Aufführungen nicht mehr zu sehen ist. Jedoch wird es andere Versionen in anderen Orten geben, jeweils maßgeschneidert und mit lokalen Performer*innen. Das sollte man sich nicht entgehen lassen.
Choreografie, Konzept: Alexandra Waierstall
Tanz und Kollaboration: Alfonso Bordi, Amy Josh, Baptiste Bersoux, Dodzi Dougban, Eftychia Stefanou, Elena Agathokleous, Ioanna Paraskevopoulou, Karolina Szymura, Panos Paraschou, Scott Jennings, Spyros Ntogas, Thusnelda Mercy, Yi-Chi Lee, Ying Yun Chen
Dramaturgischer Support: Matthias Quabbe, Judith Jaeger
Komposition: Volker Bertelmann
Sounddesign: Michael Buchholz
Licht- und Bühnendesign: Caty Olive
Kostüm und Bühne: Alexandra Waierstall, Horst Weierstall
Künstlerische Produktionsleitung und Management: Judith Jaeger
Produktionsassistenz: Alfonso Bordi
Gebärdendolmetscher*innen der Proben: Britta Meinicke, Sarah Verena Bockers, Stella Papantonatos
Kommunikationsmanagement, Distribution: Amy Josh
Mit Unterstützung von: Evangelia Randou, Eva Martinez, Georgios Kotsifakis, Lucia Vonrhein, Olivia Ancona, Rachel Gill.
Eine Produktion von Noema Dance Works e.V. in Koproduktion mit dem tanzhaus nrw Düsseldorf. Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (Spitzenförderung Tanz 2024 – 2026), Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, Kunststiftung NRW und Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf.