Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
HÖCHSTE STEIGERUNGEN - Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGENHÖCHSTE STEIGERUNGEN - Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im...HÖCHSTE STEIGERUNGEN -...

HÖCHSTE STEIGERUNGEN - Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

am 20. November 2025

Vor über hundert Jahren wurde die traditionsreiche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gegründet. Auch Richard Strauss gehörte zu ihren Dirigenten. Jetzt gastierte sie unter der einfühlsamen Leitung von Michael Francis im Kronenzentrum.

 

Der ausgezeichnete  Pianist Lucas Debargue stand im Mittelpunkt des Konzerts für Klavier und Orchester in G-Dur von Maurice Ravel. Helle und kühle Klarheit stachen hier immer wieder erfrischend hervor. Impressionistische Farbigkeit leuchtete auf. Das Klavier übernahm bei dieser Interpretation deutlich die Führung. Und das gläsern-klare, exotische Thema des "Allegramente" im ersten Satz konnte sich markant behaupten. Das zweite Thema blühte ganz im Solo-Instrument auf. Eine an Chopin gemahnende Melancholie machte sich breit. Sonatenform und Jazz-Elemente ergänzten sich gegenseitig. Auch der Geist Couperins blitzte auf. Klassizistisch kam dann der zweite Satz daher, ein poetisch gestaltetes Adagio assai. Das Orchester übernahm das einprägsame Thema - und die schimmernden Arabesken des Klaviersolisten leuchteten wahrhaft betörend hervor. Im Schluss-Presto kehrte rondoartig das unkomplizierte Thema wieder. Es besaß den Vorrang vor den übrigen Gedanken, mit denen der Satz brillant und witzig spielte. 

Dann interpretierte der hervorragende Pianist Lucas Debargue zusammen mit der Staatsphilharmonie unter Michael Francis die berühmte "Rhapsody in Blue" für Klavier und Orchester von George Gershwin im Arrangement von Ferde Grofe aus dem Jahre 1942. Elegante Mondänität paarte sich dabei mit wirkungsvollen Jazz-Elementen, die schon beim Klarinetten-Glissando zu Beginn einsetzten. Blues-Tonleitern, unaufgelöste Akkorde und fetzige synkopische Rhythmen rissen die Zuhörer unmittelbar mit. Die Sonatenhauptsatzform wurde nur angedeutet und der Jazz triumphierte in allen Facetten. Die Variationen zu "God save the king" wurden besonders wirkungsvoll ins harmonische Geschehen eingebaut. Da demonstrierte Lucas Debargue seine souveräne Virtuosität.  

Das gleiche galt für die grandiosen Variationen über "Summertime" aus Gershwins Oper "Porgy and Bess", wo Debargue die polyphone Fülle nur so aus dem Ärmel schüttelte. Anschließend musizierte die ausgezeichnete Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Michael Francis die Suiten Nr. 1 und 2 für Orchester zum Ballett "Der Dreispitz" ("El sombrero de tres picos") von Manuel de Falla, das dieser im Jahre 1919 für das Russische Ballett schrieb. Der lyrische Fandango-Tanz des Müllers sowie der atemlos-elektrisierende Schlusstanz rissen das Publikum von den Sitzen. Die Handlung ist schnell erzählt: Es geht um die schöne Müllerin, ihren eifersüchtigen Gatten und einen schon leicht angegrauten Provinzstatthalter, dessen Würde der Dreispitz darstellt. Er begehrt die junge Frau, wird aber von ihr und ihrem Mann überlistet und schließlich vor dem ganzen Dorf bloßgestellt. Bei dieser mitreissenden Wiedergabe blitzte das Feuer des südländischen Temperaments hell auf, aufpeitschende Melodien und zündende Rhythmen ergänzten sich gegenseitig. Ein glitzernd-schillerndes Orchester sorgte hier für zahlreiche dynamische Höhepunkte! 

Abschließend folgte noch eine elektrisierende Interpretation des berühmten "Bolero" von Maurice Ravel, wo der Dirigent Michael Francis mit der Staatsphilharmonie Rheinland Pfalz noch einmal alle Register zog. Das Prinzip von "La Valse" und "Tzigane" erfuhr hier die höchste dynamische Steigerung. Melodie, Rhythmus und Klang beeindruckten bei dieser fulminanten Wiedergabe der im Jahre 1928 entstandenen Komposition in besonderer Weise. Zweimal sechzehn Takte besaß die alleinige Melodie, die sich immer mehr verwandelte! Die erste Periode von sechzehn Takten hatte etwas aufreizend Träges, die zweite bäumte sich dann in wilder Leidenschaft auf. Bohrende Monotonie und ungestümer Bolero-Rhythmus wechselten sich atemberaubend ab. Zu dem leisen Rhyrthmus brachte erst die Flöte, dann die Klarinette die Takte der ersten Periode, das Fagott stimmte zielsicher die zweite Periode an, die nun auf andere Instrumente überging. Dabei blieb alles im Gleichgewicht. Flöte und Trompete stimmten dann die erste Periode wieder an, Lautstärke und Klangfarbe schwollen an - und der Rhythmus steigerte sich zu ungezügelter Leidenschaft. Das dynamische Prinzip als besonderer Effekt des "Bolero" wurde hier genüsslich ausgekostet. Noch bewusster als in "La Valse" zielt Ravel hier auf die Sphäre des Triebhaften, was die Ausweichung der Harmonie kurz vor dem ungeheuerlichen Schlusseffekt bewies: Eine Apotheose des Triebes. 
Jubel und "Bravo"-Rufe!
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 20 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

BEWEGENDE NATURSCHILDERUNGEN -- Stuttgarter Philharmoniker mit der "Alpensinfonie" von Richard Strauss in der Liederhalle STUTTGART

"Erhabene Landschaften" standen diesmal im Mittelpunkt. Zunächst musizierten die Stuttgarter Philharmoniker unter der kompetenten Leitung von Frank Beermann die "Grand Canyon Suite" aus dem Jahre 1931…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCHE AUSDRUCKSKRAFT -- Neue CD "Letzte Lieder" mit Sebastian Naglatzki und Ana Miceva, beim Label Genuin erschienen

Mit ihrem Album "Letzte Lieder" widmen sich die Pianistin Ana Miceva und der Bassbariton Sebastian Naglatzki den letzten Liedkompositionen von Franz Schubert, Johannes Brahms, Hugo Wolf und Maurice…

Von: ALEXANDER WALTHER

DER TEUFELSGEIGER ALS GITARRIST -- Ensemble Visconti Plus im Schloss BIETIGHEIM-BISSINGEN

Das Visconti-Quartett wurde 2006 aus Mitgliedern der "sueddeutschen kammersinfonie bietigheim" und Lehrern der Bietigheim-Bissinger Musikschule gegründet. Der Name dieses Ensembles geht auf die aus…

Von: ALEXANDER WALTHER

BLICK IN DEN DIGITALEN ABGRUND -- Premiere "KI essen Seele auf" von Thomas Köck im Kammertheater STUTTGART

In Regie, Konzept Bühne & Kostüm von Mateja Meded taucht der Zuschauer in die bizarre Welt der Künstlichen Intelligenz immer tiefer ein, weil es die drei hervorragenden Schauspielerinnen Therese Dörr,…

Von: ALEXANDER WALTHER

MEISTER INTENSIVER KLANGFLÄCHEN -- Konzert des SWR Symphonieorchesters zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann in der Liederhalle STUTTGART

Unter der inspirierenden Leitung von Francois-Xavier Roth musizierte das SWR Symphonieorchester zwei wichtige Werke zum 90. Geburtstag von Helmut Lachenmann, der beim Konzert anwesend war. Zunächst…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑