Maksim, der mächtige TV-Anchorman, ist von der jüngeren Nadežda fasziniert. Er wird alt und spürt schon den Tod; sie gibt ihm jeden Abend als Maskenbildnerin ein makelloses Gesicht. Außerdem hat sie etwas Geheimnis- und Ahnungsvolles, und sie kann anderen die Gedanken von den Lippen ablesen. Der 35jährige Milan hätte in der zerbrochenen Zeit Karriere gemacht – sein Vater Herr Ignjatoviæ war Parteikommunist und Führungskader. Noch heute ist der Vater mit seinen 75 Jahren ein mächtiger Mann und kann als Akademiemitglied Posten vergeben – für seinen bettelarmen alten Genossen Herrn Simiæ hat er allerdings keinen übrig. Seinem nichtsnutzigen Sohn Milan kann Ignjatoviæ heutzutage kein Amt mehr verschaffen, und das haben auch Milans schöne blonde Frau Dada und sogar seine 12jährige Tochter Alegra schon herausgefunden. Sie wissen, daß er ein Versager ist, und lassen es ihn täglich spüren. Dadas Bruder Fredi kämpft derweil gegen den Verfall seiner Jugendlichkeit. Seinen 80jährigen, zuckerkranken Vater setzt er an einer Autobahnraststätte aus. Die alte Frau Petroviæ ist einsam und quartiert sich mit ihrem Koffer bei ihrer Tochter Žana ein. Die ist Ärztin, in den Wechseljahren und ganz allein, seit ihr Mann Maksim, der Fernsehmann, sie verlassen hat. Sie setzt ihre Mutter empört vor die Tür, die stürzt die Treppe hinab und bricht sich die Hüfte – und Žana ist wieder allein.
Alle diese komischen, verlorenen Seelen wandern ohne Orientierung in einem Niemandsland zwischen dem Alten und dem Neuen umher. Sie wollen wissen, wer sie sind, aber sie wollen sich nicht erinnern. Nur Nadežda, die Unbedarfte, die krude vermischte Erinnerungen aus vielen Leben erzählt, als paßten sie zusammen und als gehörten sie alle zu ihr, scheint mehr zu sehen …
Diese Lebensläufe werden unversehens unsere eigenen: komische, leicht erzählte Geschichten aus dem alten Europa, das unterwegs ist aus der erfahrungssatten Dimension Vergangenheit in die erfahrungshungrige Dimension Zukunft.
Die 1970 in Belgrad geborene Autorin BILJANA SRBLJANOVIÆ gehört zu den wichtigsten Dramatikern Serbiens. Ihre Stücke (darunter »Belgrader Trilogie«, »Familiengeschichten Belgrad«) sind weltweit bereits an mehr als 100 Bühnen inszeniert worden. Ihr neuestes Stück »Heuschrecken« führt wie in einem Kaleidoskop Lebensepisoden ganz verschiedener Figuren zu einer vielschichtigen Komödie zusammen. Es geht um das Miteinander der Generationen, um das Altwerden, den Jugendwahn und die Narben der Vergangenheit, es geht um Schönheit, Beachtetwerden, Einsamkeit und Tod.
Regie Isabel Osthues Bühne und Kostüme Sigi Colpe
Vorstellungen: 01.12.2006 | 03.12.2006 | 16.12.2006 | 12.01.2007 | 22.01.2007