
Der Tenor Daniel Johannsen zeigte bei seiner Arie "Welch Übermaß der Güte" ebenmäßige Klarheit. Mystische Tiefen taten sich beim erhebenden Schlusschoral "Wie sich ein Vater erbarmet" auf, wo der Cantus-firmus -Charakter geheimnisvoll aufblitzte. Zuvor hatte der sonore Bassist Matthias Winckhler seinem Rezitativ ein bemerkenswertes Charisma verliehen. Bei der Kantate "Geist und Seele wird verwirret" BWV 35 gewannen Sinnlichkeit und Kunst eine erstaunliche Intensität. Natur und Geist strahlten in der Alt-Arie "Gott hat alles wohlgemacht" in blühender Weise auf. Gravitätisches Pathos und tänzerische Grazie gingen Hand in Hand. Und auch die kontrapunktischen Finessen ließen nirgends zu wünschen übrig.
Die voluminöse Altistin Marie Henriette Reinhold verlieh ihrer zweiten Alt-Arie "Ich wünsche nur bei Gott zu leben" ein beglückendes klangliches Gleichgewicht. Strahlenden Glanz besaß ebenso die Kantate "Ihr, die ihr euch von Christo nennet" BWV 164, wo insbesondere die Arie von Sopran und Bass "Händen, die sich nicht verschließen" mit einer bewegenden Melodielinie überzeugte. Die Unisono-Passagen gelangen mitreissend und fließend - und der Abschluss-Choral faszinierte mit erhabenem, aber nicht aufgesetzt wirkendem Pathos.
In rasantem, ja atemberaubendem Tempo kam zuletzt die Kantate "Es erhub sich ein Streit" BWV 19 daher, deren Fugenthema immer wieder reizvoll aufblitzte. Chromatische Spitzfindigkeiten meisterte nicht nur der Chor der Gaechinger Cantorey hier in grandioser Weise. Die siegreichen Scharen des Erzengels Michael zogen dabei mit großer dynamischer Vehemenz gegen Satan zu Felde. Und der famose Bassist Matthias Winckhler fing den harmonischen Sturm mit ruhigeren Kantilenen wirkungsvoll auf.
Der ehemalige Stadtdekan Martin Klumpp wies in einem Grußwort darauf hin, dass in der Gedächtniskirche im Jahre 1957 die eigentliche Geburtsstunde der Internationalen Bachakademie gewesen sei. Stürmischer Schlussapplaus und "Bravo"-Rufe!


















