Nun aber steht fest: Der dafür verantwortliche Paragraph 217 des Strafgesetzbuches ist verfassungswidrig, denn: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Die in Wahrnehmung dieses Rechts getroffene Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren." (Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht).
Der Weg für die Legalisierung der Suizidassistenz ist frei, die ethische Debatte aber lang nicht beendet. Denn wie beweist man die Autonomie und Selbstbestimmtheit eines Suizidwunsches? Kann dieser nicht an die Grenzen der Glaubwürdigkeit und Beweisbarkeit stoßen, wenn ihn beispielsweise ein psychisch kranker Mensch äußert? Und lässt sich die Moral einer Gesellschaft so schnell umcodieren, so dass sie den Suizidwunsch eines gesunden Menschen akzeptieren kann?
Ferdinand von Schirachs neues Stück "Gott" lässt im Setting einer fiktiven Sitzung des Deutschen Ethikrates die juristischen, ethischen und religiösen Argumente dieser höchst emotionalisierten Gesellschaftsdebatte in einen Dialog treten.
Ferdinand von Schirach ist Jurist und Autor. Sein Erfolgsstück "Terror", das Oliver Reese 2015 am Schauspiel Frankfurt zur Uraufführung brachte, setzte das Publikum einem moralischen Grundsatzkonflikt im Zuge einer Flugzeugentführung aus und ließ es schließlich über den Ausgang dieses Konflikts selbst entscheiden. Die ARD verfilmte den Stoff prominent. Ferdinand von Schirach stellt sich mit seinem neuen Stück "Gott" erneut einer Grundsatzdebatte unserer Zeit. Das Berliner Ensemble wird die Uraufführung mit einer inhaltlich angebundenen Gesprächsreihe mit externen Expert*innen rahmen.
Die Uraufführung von "Gott" am 10.9.2020 findet zeitgleich auch am Düsseldorfer Schauspielhaus statt.
Besetzung
Gerrit Jansen
als Vorsitzender des Ethikrates
Josefin Platt
als Elisabeth Gärtner
Christine Schönfeld
als Brandt, Augenärztin
Martin Rentzsch
als Biegler, Rechtsanwalt
Bettina Hoppe
als Keller, Mitglied des Ethikrates
Judith Engel
als Litten, Rechtsachverständige
Ingo Hülsmann
als Sperling, medizinischer Sachverständiger
Veit Schubert
als Thiel, theologischer Sachverständiger
Regie: Oliver Reese
Kostüme: Elina Schnizler
Bühne: Hansjörg Hartung
Dramaturgie: Tobias Kluge
Musik: Jörg Gollasch
Licht: Ulrich Eh, Arnaud Poumarat
Bratsche: Simone Jandl