Unter dem Titel FORT//SCHRITT//MACHER zeigt die Compagnie Stücke von Marco Goecke, William Forsythe und Hans van Manen. Alle drei Choreographen gelten als Vorreiter unter den „Schrittemachern“ ihrer jeweiligen Generation, alle drei haben zu Beginn ihrer Karriere kontroverse Reaktionen hervorgerufen und alle drei sind mittlerweile feste Größen in den Reihen der einzigartigsten Tanzschaffenden Europas.
Uraufführung: On Velvet von Marco Goecke
Den Höhepunkt des Ballettabends stellt die Uraufführung von On Velvet des Stuttgarter Hauschoreographen Marco Goecke dar. Seit der Premiere seines hochgelobten Handlungsballetts Orlando im Jahr 2010 ist dies die erste Kreation Goeckes für die Bühne des Opernhauses. Das neue Stück für zwölf Tänzer kreiert Goecke zur Musik des jungen österreichischen Komponisten Johannes Maria Staud: Segue für Cello und Orchester (2008) sowie March of the Mogul Emperors (1911-12) von Edward Elgar. In On Velvet erforscht Goecke das Phänomen dessen, was zurückbleibt, wenn eine Bühne, ein Theater oder ein anderer Raum verlassen wird von den Leuten, die ihn sonst in Anspruch nehmen, wenn deren Tätigkeit dort also endet: eine anhaltende Energie, der geisterhafte Eindruck eines Luftzugs, das Echo einer Bewegung? Für Bühnenbild, Kostüme und Beleuchtung zeichnen Michaela Springer und Udo Haberland verantwortlich, mit denen Goecke seit vielen Jahren
zusammenarbeitet.
Marco Goecke wurde 2005 von Ballettintendant Reid Anderson zum Hauschoreographen des Stuttgarter
Balletts ernannt. Von Beginn seiner choreographischen Karriere an haben Goeckes Arbeiten, insbesondere die frühen, sowohl Publikum als auch Kritiker polarisiert. Davon unbeirrt, ist Marco Goecke seinem unnachahmlichen Stil treu geblieben, der von allen Seiten als absolut einzigartig beschrieben wird. Mit einem außergewöhnlichen Blick auf den Körper und einem psychologischen auf sein Innenleben erforscht Goecke das menschliche Bewegungsspektrum. Er seziert das klassische Tanzvokabular, zerlegt jede Geste, jede Bewegung in kleinste Teile, macht dabei Emotionen physisch sichtbar. Seine strenge, erhaben schöne und zugleich groteske Ästhetik, gepaart mit einer Prise Ironie an den richtigen Stellen, macht Goeckes Ballette zu den originellsten die zurzeit in Europa kreiert werden. Dementsprechend sind Marco Goecke und seine Arbeiten stets gefragt. In der Spielzeit 2013/14 ist er sowohl Artist in Residence beim Nederlands Dans Theater als auch Hauschoreograph des Stuttgarter Balletts. On Velvet ist sein zwölftes Stück für das Stuttgarter Ballett.
Ebenfalls neu im Repertoire des Stuttgarter Balletts ist William Forsythes workwithinwork. Die Stücke
Forsythes sind nicht nur für jeden Tänzer eine aufregende Erfahrung, sondern auch für das Publikum. In workwithinwork, 1998 in Frankfurt kreiert, spielt Forsythe virtuos mit den Möglichkeiten des Tanzes, setzt die Formen des klassischen Balletts ganz neu zusammen. Dabei wandelt er raffiniert Luciano Berios Duetti per due Violini in Bewegung um. Reid Anderson holt mit diesem Stück nun ein weiteres Werk Forsythes ins Repertoire des Stuttgarter Balletts, der Compagnie, bei der dieser Choreograph zum Schrittemacher wurde.
Hans van Manens Frank Bridge Variations vervollständigen das Programm des Ballettabends. Bereits seit über 50 Jahren beeinflusst van Manen die europäische Ballett- und Tanzszene. Seine pure Tanzsprache bedarf nichts anderem als der Körper der Tänzer, um Emotionen, Beziehungen und Spannungen darzustellen. Die große Musikalität, die van Manens Stücken zutiefst zu eigen ist, zeigt sich in seinen 2005 uraufgeführten Frank Bridge Variations ganz deutlich. Die höchst unterschiedlichen Stimmungen der gleichnamigen Komposition Benjamin Brittens greift van Manen kunstvoll in seiner Choreographie auf, die sich umkreisenden Paare, intensiv und spannungsvoll, schwanken zwischen Zurückhaltung und explosionsartigen Ausbrüchen.
Alle drei Choreographen – Goecke, Forsythe, van Manen – werden für ihre Zeit als revolutionär, fortschrittlich und innovativ angesehen. Der Ballettabend FORT//SCHRITT//MACHER vereint diese drei Choreographen in einem Abend des reinen Tanzes.
Ballettabend FORT//SCHRITT//MACHER
workwithinwork (Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett)
Choreographie, Bühne und Licht William Forsythe
Musik Luciano Berio
Kostüme Stephen Galloway
Uraufführung 16. Oktober 1998, Ballett Frankfurt
Frank Bridge Variations
Choreographie Hans van Manen
Musik Benjamin Britten
Bühne und Kostüme Keso Dekker
Licht Bert Dalhuysen
Uraufführung 18. März 2005, Niederländisches Nationalballett
Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett 14. Januar 2011
On Velvet (Uraufführung)
Choreographie Marco Goecke
Musik Johannes Maria Staud, Edward Elgar
Bühne und Kostüme Michaela Springer
Licht Udo Haberland
Weitere Vorstellungen im Opernhaus 12. / 14. November / 1. / 7. / 8. / 10. / 15. (nm/abd) / 18. Dezember 2013