Und auch Nis-Momme Stockmanns „Phosphoros“, das in der Regie von Anne Lenk im Marstall uraufgeführt wird, spielt mit Themen aus „Faust“. Abgeschlossen wird dieser „Faust“-Schwerpunkt durch eine neue Ausgabe des Sommerfestivals „Marstallplan“, in der sich junge Regisseure zum Spielzeitende mit „Faust II“ auseinandersetzen und im Marstall präsentieren. WERNER WÖLBERN ALS
WERNER WÖLBERN ALS FAUST UND BIBIANA BEGLAU ALS MEPHISTO
„Faust ist einer von uns. Er steht mitten im Leben, er hat Wissen angehäuft, Frauen gehabt, Drogen genommen, vieles ausprobiert - und ist pathogen ausgehungert, metaphysisch, sinnlich, existentiell. Er sucht den permanenten Kick, die Inflation des Ereignisses - nur kein Stillstand. Der Pakt mit Mephisto ist die Eintrittskarte in die Unsterblichkeit. Zusammen suchen sie in einer Welt, die täglich nach Katastrophen dürstet, den Ort des tiefsten Schmerzes, der höchsten Lust, den Geschmack von Blut, den Kältepunkt von Zivilisation. Das einzige Wesen, das Faust Rettung verspräche, muss zerstört werden. Mephisto und Faust, zweisam einsam, auf dem Weg in das ewige Eis. Und der Himmel schweigt.“ Martin Kušej Die Rolle des Faust übernimmt Werner Wölbern, der u. a. in Martin Kušejs preisgekrönter „Weibsteufel“-Inszenierung zu sehen ist. Die Rolle des Mephisto spielt Bibiana Beglau, die aktuell am Residenztheater in Frank Castorfs Version von „Reise ans Ende der Nacht“, Dimiter
Gotscheffs „Zement“-Inszenierung sowie in Martin Kušejs „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ auf der Bühne steht. Das Bühnenbild für Kušejs „Faust“-Inszenierung stammt von Aleksandar Denic, der zuletzt für Castorfs „Reise ans Ende der Nacht“ die Bühne entworfen und auch die Ausstattung für dessen vielbeachtete Bayreuther „Ring“-Inszenierung geschaffen hat.
Regie Martin Kušej
Bühne Aleksandar Denić
Kostüme Heidi Hackl
Musik Bert Wrede
Licht Tobias Löffler
Dramaturgie Angela Obst
mit
Werner Wölbern Faust
Bibiana Beglau Mephisto
Andrea Wenzl Gretchen
Miguel Abrantes Ostrowski Homunculus etc.
Götz Argus Mobster / Bürger etc.
Michele Cuciuffo Valentin etc.
Jörg Lichtenstein Wagner etc.
Hanna Scheibe Marthe etc.
Elisabeth Schwarz Baucis / böser Geist etc.
Jürgen Stössinger Philemon etc.
Silja Bächli Hexe etc.
Simon Werdelis Junger Mann etc.
JOHAN SIMONS INSZENIERT JELINEK-„SEKUNDÄRDRAMA“ MIT BIRGIT MINICHMAYR
UND OLIVER NÄGELE
„Für den Theaterbetrieb möchte ich, als neue Geschäftsidee, vermehrt auch Sekundärdramen anbieten, die dann kläffend neben den Klassikern herlaufen sollen. Es wird aber daran scheitern,
daß ich das Originaldrama nicht verstehe und dann was total Falsches dazuschreibe.“ Elfriede Jelinek. Um ein solches „Missverständnis“ handelt es sich auch bei „FaustIn and out“, das nur an Theatern aufgeführt werden darf, an denen auch Goethes „Faust“ auf dem Spielplan steht. Jelinek-Spezialist Johan Simons inszeniert das Sekundärdrama und führt damit zum ersten Mal am Residenztheater Regie. Die Hauptrollen spielen Birgit Minichmayr und Oliver Nägele, Premiere ist am 27. Juni 2014 im Cuvilliéstheater. Im Gegenzug wird Martin Kušej in der nächsten Spielzeit an den Münchner Kammerspielen arbeiten.
AUFTRAGSWERK VON NIS-MOMME STOCKMANN IN RECKLINGHAUSEN UND MÜNCHEN
Die Uraufführung von Nis-Momme Stockmanns „Phosphoros“ ist am 31. Mai 2014 als Koproduktion im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen zu erleben. Die Münchner Premiere des Auftragswerks findet am 6. Juni 2014 im Marstall statt. Inhaltlich sieht der Autor Parallelen seiner Figuren zu Goethes Personal: Liebes- und Lebenskrisen, Wetterkatastrophen und philosophische Fragen zu Zeit und Schicksal treiben seine zahlreichen Personen an. Auf der Suche nach dem „Licht in ihren Biographien“ verlieren und verwirren sie sich in ihrem groteskkomischen Aufeinandergeworfensein, von der Sehnsucht nach Liebe und einem höheren Lebenssinn kommen sie nicht los. „Das ist ja faustisch: Man ruft etwas herbei, was man möchte und damit holt man sich dann den eigenen Untergang“, beschreibt Nis-Momme Stockmann sein Drama. Darin ermutigt Physikprofessor Lew Katz seine Studenten zu eigenständigem Denken darüber, „was die Welt im Innersten zusammenhält“, um dann in grotesken Folgerichtigkeit gemeinsam mit den anderen Figuren des Dramas auf eine ko(s)mische Katastrophe zu zusteuern.
„FAUST II“ ALS GRUNDLAGE VON SIEBEN PREMIEREN BEIM MARSTALLPLAN
Während Jelinek vornehmlich von der Gretchen-Thematik ausgeht und Stockmann mit „Phosphoros“
ein Gelehrtendrama schafft, setzen sich im Juli sieben junge Regisseure mit Motiven aus „Faust II“ auseinander. Wenn Faust im zweiten Teil der Tragödie in die „große Welt“ zieht, bekommt er es mit einer Reihe von Phänomenen zu tun, mittels derer Goethe einen Themenhorizont aufspannt, in dem sich die Menschheit seit Beginn der Moderne bewegt. „Faust II“ steht emblematisch für die Verschränkung von Vernunft und Gewalt, für die Dialektik der Aufklärung, für Größenwahn und Scheitern.
In sieben Werkstattinszenierungen werden die Dilemmata, Freuden und letzten Fragen des erkenntnis-und glücksuchenden Menschen erörtert, verknotet, weitergesponnen und im Rahmen des Marstallplans zum Abschluss der Spielzeit präsentiert. Die Premieren finden am
4. und 5. Juli im Marstall statt.
Weitere Informationen zu „Faust“ unter www.residenztheater.de/faust.
Karten für alle Vorstellungen gibt es an den Kassen der Staatstheater, online unter
www.residenztheater.de sowie unter 089 2185 1940.