In Potsdam wurde das neue Hans Otto Theater eröffnet – auf dem Gelände Schiffbauergasse, direkt am Ufer des Tiefen Sees.
Der Potsdamer Theaterbau des Kölner Architekten Prof. Gottfried Böhm steht für moderne Architektur aus Glas und Beton und markiert auf dem geschichtsträchtigen Gelände einen deutlichen Kontrast zu ehemaligen Reitställen, backsteinernen Kasernen und Panzerhallen, die Zeugnis von Jahrhunderten preußischer und nachpreußischer Militärgeschichte ablegen. Besonders markant ist die – von der Wasserseite aus sichtbare - dreifach schalenförmige Überdachung des Zuschauerraums und der verglasten Foyers.
Die Eröffnungsproduktion, das Schauspiel „Katte“ von Thorsten Becker, geht von einer viel beschriebenen Episode der preußischen Geschichte aus: der versuchten Flucht des Kronprinzen Friedrich mit seinem Freund Katte. Sie zeigt das private Aufbegehren des Sohnes gegen den Vater Friedrich Wilhelm, den „Soldatenkönig“, der die Armee zum Mittelpunkt seines Staates machte. Es darf als Ironie der Geschichte gesehen werden, dass nicht der Vater, sondern erst später der Sohn es war, der diese Armee für seine zahlreichen Kriege nutzte. Aufklärung gepaart mit militärischem Drill: das Stück wendet sich einer Traditionslinie innerhalb der preußischen Geschichte zu. In der Rolle des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm ist Manfred Karge zu sehen, Uwe Eric Laufenberg inszeniert.
Mit Lessings dramatischem Gedicht „Nathan der Weise“ wird der kaum zu vermittelnde Gegensatz von Toleranzdenken und intoleranter Gewaltpolitik auf den Punkt gebracht. Dabei entlässt uns dieses in seiner Aktualität nicht zu überbietende Werk mit der Hoffnung, dass Vernunft und ein Mindestmaß an Verständnis für den „Gegner“ bei allen Konflikten letztlich die Oberhand gewinnen können. Uwe Eric Laufenberg führt Regie, die Titelrolle spielt Günter Junghans.
Die Uraufführung „Julia Timoschenko“, ein Theaterprojekt um die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin, beschreibt den Spagat, unter kapitalistischen Bedingungen soziale Gerechtigkeit - gegebenenfalls unter Anwendung krimineller Mittel - herstellen zu wollen. Ein spannendes Thema, gerade in unserem Land, das nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems den Umschlagplatz einer gewaltigen, kaum zu überschauenden Erosionsbewegung bildet. Adriana Altaras inszeniert.
Private Gegenentwürfe beschreiben die zwei weiteren Schauspielproduktionen des Eröffnungsprogramms: Frédéric Blanchettes pointiert geschriebenes Beziehungsdrama „Der Sicherheitsabstand“ (Regie: Petra Luisa Meyer) und „Am Ziel“ von Thomas Bernhard. Letzteres zeigt eine wohlhabende Theatergängerin, gespielt von Désirée Nick, die ein von ihr besuchtes Stück, mit dem Titel „Rette sich wer kann“, zwar in ihrem eigenen Leben umgesetzt hat, dem Stück selbst und seinem Autor jedoch so gar nichts abgewinnen kann. Regie: Gisbert Jäkel.
Umrahmt wird die Eröffnung von einem Begleitprogramm mit Diskussionen, Chansondarbietungen, der Lichtinstallation „Lichtachsen“, Partys mit Live-Musik und vielen weiteren Programmpunkten.
Neubau-Eröffnung // Programmablauf (Änderungen vorbehalten):
Freitag, 22.09.2006
14.45 Uhr: Ankunft über Wasser und Taufe
15.30 Uhr: Festakt zur Eröffnung
17 Uhr Premiere „Katte“ – Uraufführung
19.30 – 20.45 Uhr: Programm Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (Seebühne im Freien)
19.30 Uhr: Filmpremiere „Anfang 06“
21 Uhr: Premiere „Der Sicherheitsabstand“ – Deutsche Erstaufführung
ab Beginn der Dunkelheit: Lichtinstallation „Lichtachsen“ auf dem Tiefen See
21 – 22.30 Uhr: Live-Band
23 Uhr: öffentliche Premierenfeier
Samstag, 23.09.2006
12 – 13.30 Uhr: Autorenbrunch
ab 14 Uhr: Dramatiker lesen ihre neuen Texte (an verschiedenen Orten im Theater)
14 Uhr: Veranstaltung für Kinder: Kammerakademie Potsdam
15 Uhr: FlussPerde – Theaterspiele für Kinder
15.15 – 16 Uhr: Theaterquiz (Gasometer)
16.30 – 17.30 Uhr: Quer durchs Walhalla – Programmauszüge (Seebühne im Freien)
17 Uhr: „Black Box“ – Amos Oz – Szenische Lesung
18 – 18.15 Uhr: Dunkelkammer (1)
19 Uhr: Premiere „Nathan der Weise“
ab Beginn der Dunkelheit: Lichtinstallation „Lichtachsen“ auf dem Tiefen See
23 Uhr: Große Party mit Band und DJ
ab 23 Uhr: Dunkelkammer (2 bis 4)
Sonntag, 24.09.2006
12 Uhr: Einweihung einer Büste des ermordeten Schauspielers Hans Otto (1900-1933) (Foyer)
12.30 Uhr Theaterstück „ad ACTa?“ mit dem Theaterjugendclub HOT (Reithalle A)
13 – 14 Uhr: Team-Talk zu den fünf Premieren
14 Uhr: Dokumentarfilm „Theaterneubau“
15 Uhr: Architekturgespräch
17 Uhr: Premiere „Julia Timoschenko“ – Uraufführung
19 Uhr: Liederabend mit Ensemblemitgliedern (Tischlerei)
ab Beginn der Dunkelheit: Lichtinstallation „Lichtachsen“ auf dem Tiefen See
21 Uhr: Premiere „Am Ziel“
23 Uhr: Abschluss-Premierenfeier
www.hansottotheater.de
Theaterkasse 0331 – 98 11 8
kasse@hansottotheater.de