Aufgewachsen ist sie rundherum behütet von netten Menschen: den liebevollen Eltern, dem langmütigen Chef, dem interessierten Arzt. Aber Dora kann nicht ewig Kind bleiben, ist schon keins mehr – und jetzt fangen die Probleme an. Denn ihre Mutter beschließt, ihre Tochter endlich kennenzulernen und setzt die ruhigstellenden Medikamente ab. Begeistert entdeckt das Mädchen seine Sexualität und stößt dabei ihre Umgebung kräftig vor den Kopf, denn konfrontiert mit Doras Direktheit blättert der Lack rasch ab. Die alltäglichen Verklemmtheiten in unserer Gesellschaft treten zutage, besonders, als Dora einen feinen Herrn trifft, der sie dazu überredet, mit ihm aufs Hotelzimmer zu gehen...
Völlig moralinfrei entlarvt der Schweizer Autor Lukas Bärfuss, der 2003 von Theater heute zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt wurde, die sexuellen Neurosen der so „normalen“ Mitmenschen. Dabei geht er behutsam um mit seinen Figuren, deren Sprache er differenziert einfängt; besonders die von Dora, die sagt, was man nicht sagt, fragt, was man nicht fragt, und nicht einsieht, daß sie nicht tun soll, was alle tun.
MUTTER: Zu Beginn tröstete ich mich damit, daß du und ich Dora überdauern würden. Geduldig sein, der Natur vertrauen, die würde das schon regeln. Und dann könnten wir es noch einmal versuchen. Aber das Kind war ja zäh, zäh wie Leder. Sie hängte sich an ihre Existenz, und dann waren wir plötzlich nicht mehr jung und das Kind war sogar lebendiger als wir.
Regie: Claudia Brier
Bühne und Kostüme: Bettina Munzer