Angetrieben durch seinen Hass auf den vermeintlich unerbittlichen Vater, der ihm Liebe und Gnade verweigert, revoltiert er gegen das ganze System der patriarchalen Machtordnung und gründet eine kriminelle Bande, um seine Vorstellung von Gerechtigkeit in die Welt zu schießen.
Der schwache Vater selbst, ob seiner Schuldgefühle verstummt bzw. ins sentimentale Stammeln verfallen, wird in Christiane Pohles radikaler Lesart zum Kollektiv eines Männerchors, das sich in idealisierte deutsche Historie und romantisches Liedgut flüchtet.
Schillers furchtbares Brüderpaar erscheint dabei als Inbegriff der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Sowohl die Abkehr und Rebellion der Nachkriegssöhne gegen die schweigenden Täter-Väter, die sich mit ihrem Verstummen zu Opfern umlügen wollten, als auch deren Scheitern beim Versuch, eine gerechtere Weltordnung herbei zu bomben, schimmert in der Geschichte der ungleichen Brüder auf. Und so steht im Zentrum der Inszenierung die depressiv-aggressive Rückschau zweier gealterter Verlierer, unterbrochen, kommentiert und provoziert vom jungen Spiegelberg. Postideologisch, zynisch, radikal unsentimental, frivol im Umgang mit Geschichte, unabhängig bis zur Bindungslosigkeit repräsentiert dieser eine junge Generation, die für die ewige Verstrickung der Älteren nur noch Hohn und Verachtung übrig hat.
Regie: Christiane Pohle
Bühne: Reinhild Blaschke
Kostüme: Kathrin Krumbein
Licht: Jürgen Tulzer
Mit: Hans Kremer, Wolfgang Pregler, Daphne Wagner, Sebastian Weber und einem Männerchor (Die GieSingers und Max-Reger-Vereinigung)
Weitere Vorstellungen am 7., 16. und 18. Mai 2006