er ist ein versoffener Hedonist, der sich mit ethischer Prinzipienlosigkeit und umso größerer Vitalität durchs Leben schlägt. Er lebt exzessiv die "karamasowsche Niedertracht", trinkt, nimmt sich die Frauen, wie er sie braucht, auch wenn er sie mal dem eigenen Sohn ausspannen muss, macht skrupellos Geld und hat sich zeitlebens nicht um seine drei Söhne gekümmert. Er hat das Leben kategorienlos auf das pure Leben reduziert.
Der Roman ist auch ein Krimi um den Vatermord. Zur Hälfte begeht ihn Dostojewskij selbst, wenn ihm die traditionelle Autoritätsfigur zu einer ebenso lächerlichen wie gefährlichen Hanswurstfigur gerinnt. Die andere Hälfte des "Ur-Verbrechens" besorgt einer der Söhne, die von ihrem verantwortungslosen Vater sowohl real wie auch im übertragenen Sinne auf eine Odyssee ohne jegliche Perspektive geschickt wurden.
Wenige Jahrzehnte nach den "Brüdern Karamasow" wird Freud den Vatermord in den Kontext des zivilisatorischen Prozesses stellen. Dostojewskij zieht Parallelen zum metaphysischen Überbau: "Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt," sagt der Karamasow-Sohn Iwan - auch der Vatermord? Einen richtenden und schützenden Gott gibt es nicht mehr. Der Schock darüber ist die Energie, die Dostojewskijs maßlosen Roman vorantreibt und im Prozess um den Vatermord bezeichnenderweise in einem Fehlurteil mündet. Dostojewskij hat das "Drama der Freiheit" beschrieben und die Sehnsucht nach einer Autorität, die uns vor der Selbstüberforderung schützen könnte.
Regie führt Nicolas Stemann, der in den vergangenen Jahren in Wien neben Jelineks "Babel" und "Das Werk" Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang" und Schimmelpfennigs "Ende und Anfang" inszenierte.
Regie: Nicolas Stemann
Bühne: Katrin Nottrodt
Kostüme: Aino Laberenz
Musik: Thomas Kürstner/Sebastian Vogel
Licht: Rainer Caspar
Video: Claudia Lehmann
Dramaturgie: Joachim Lux