Sein Tod, mehr noch sein Leben, bietet jedoch genügend Anlässe und eigentümliche Widersprüche, um dem Dramatiker entweder als tragischem Genie nachzuraunen, oder ihn schlicht für großartig, aber eben psychisch gestört zu erklären. Eine der ersten modernen Depressionen, so ließe sich sagen. Die zeitgenössische Sozialpsychologie beschreibt den Druck auf das von allen Sicherheiten ›befreite‹ Individuum als den Psychoterror der Aufforderung SEI-DU-SELBST! Ein simpler, eigentlich erfreulicher Satz, der aber heute Depressionen zur psychischen Volkskrankheit Nr.1 macht. Und genau hier wird uns Kleist nah und tatsächlich im besten Wortsinn gegenwärtig.« Oliver Bukowski
Mit Lust an schwarzer Situationskomik und Wortwitz folgt die Entwicklung des Stücks tatsächlichen Lebenssituationen Kleists, lässt die Bühne aber nicht zum Podium eines Bildungsabends, zur Dichterbiographie verkommen. Vielmehr lässt sich hinter der Komödie eine Tragödie über die Abgründe zwischen Genie und Wahnsinn erkennen. Innerhalb der Sinnsuche nach dem Ich in einer Welt, die man nicht sein Eigen nennen kann, ist uns Kleist damit heute vielleicht näher denn je.
Oliver Bukowski, geboren 1961 in Cottbus, war nach seinem Philosophiestudium Doktorand für Sozialwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. Seine Stücke wurden mehrfach bei den Mülheimer Theatertagen gezeigt und gewannen viele Preise. Für »Gäste« wurde Bukowski in Mülheim 1999 zum Dramatiker des Jahres gewählt, für »Londn – L.Ä. – Lübbenau« erhielt er den Gerhart-Hauptmann-Preis. Bukowski schreibt auch Drehbücher, die Filme wurden auf der Berlinale gezeigt und für den Grimme-Preis nominiert. Außerdem betreut er als Gastprofessor an der UdK Berlin den Studiengang »Szenisches Schreiben«. Am Schauspielhaus war 2007 bereits sein Stück »Bowling Alone« zu sehen, außerdem »Kritische Masse«, ein Auftragswerk, das 2009 von Sebastian Nübling uraufgeführt wurde.
Markus Heinzelmann, 1968 in Karlsruhe geboren, ist seit 2004 Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer am Theaterhaus Jena. Während seines Studiums der Germanistik und Philosophie war er Mitglied in mehreren freien Theatergruppen. Nach Assistenzen sowohl fürs Fernsehen als auch fürs Theater arbeitete er von 1999 bis 2004 als freier Regisseur u.a. in Mainz, Bielefeld, Kassel und Konstanz. Am Deutschen Schauspielhaus inszenierte er bereits »Die Kümmerer. Ein Dokumentartheaterstück mit Menschen aus Hamburg [60+]« im Rahmen des Festivals »Herzrasen« 2008. Mit seiner Inszenierung von »Bowling Alone«, ebenfalls einer Koproduktion zwischen dem Deutschen Schauspielhaus und den Ruhrfestspielen Recklinghausen arbeitete er bereits schon einmal erfolgreich mit dem Autor Oliver Bukowski zusammen.
Regie Markus Heinzelmann
Bühne und Kostüme Jan Müller
Licht Andreas Juchheim
Dramaturgie Kristina Ohmen
Musik und Sound Design Olaf Helbing
Mit Marco Albrecht, Stefan Haschke, Lydia Stäubli
Weitere Termine:191
05.09.2010, 20:30 Uhr
07.09.2010, 20:00 Uhr
08.09.2010, 20:00 Uhr
10.10.2010, 20:30 Uhr
14.10.2010, 20:30 Uhr
Eine Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen 2010
Premiere Recklinghausen am 24. Mai 2010