Von diesem zivilisatorischen Ausnahmefall erzählt Yasmina Rezas „Der Gott des Gemetzels“. Und selten zuvor hat jemand ein solches Aufeinandertreffen so sensationell genau beobachtet — und so sensationell komisch. Dass der Lack der Zivilisation manchmal dünn ist, ist bekannt — aber wie Yasmina Reza diesen Lack Schicht für Schicht quasi in unser aller Nachbarschaft abplatzen lässt, ist maximal unterhaltsam.
Weil die Söhne sich geprügelt haben und dabei der eine dem anderen zwei Zähne ausgeschlagen hat, treffen sich nun die Eltern zur gütlichen Einigung im Geiste des gewaltfreien Diskurses. Aber was als Leistungsschau toleranter Großstädter beginnt, entwickelt sich zur Zimmerschlacht, bei der die Eltern ihre Söhne locker in den Schatten stellen. Und bald sitzen zu Kaffee und Gebäck sämtliche Gehässigkeiten und Vorurteile mit auf dem Designersofa, die ansonsten sorgfältig verschlossen sind hinter der Fassade humanistischen Geplauders. Diese Wortgefechte schlagen zwar keine Zähne aus, räumen aber trotzdem effektvoll auf im Leben des Gegenübers. Wobei es nicht nur zwischen den Paaren hoch hergeht, sondern auch zwischen den Partnern. Und über weißen Tulpen und geschmackvollen Bildbänden fallen in großer Gründlichkeit die Prinzipien des abendländischen Verhaltenskodex in Trümmer …
Seit der Uraufführung 2006 zählt Yasmina Rezas Stück zu den größten Bühnenerfolgen unserer Zeit — dank seiner konkurrenzlosen Mischung aus großartigem Witz und messerscharfer Beobachtung. Wichtigen Anteil am deutschen Erfolg hat dabei die Übersetzung von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. Nachdem Enrico Lübbe sich bereits 2007/08 mit dem Text beschäftigt hat, ist es nun höchste Zeit, sich zusammen mit dem Leipziger Ensemble diesem fabelhaften Stück noch einmal zu widmen. Als Silvesterpremiere 2016, als Feuerwerk brillanter Dialoge.
Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
Mit: Anne Cathrin Buhtz, Dirk Lange, Michael Pempelforth und Bettina Schmidt
Regie: Enrico Lübbe,
Bühne: Etienne Pluss,
Kostüme: Bianca Deigner,
Dramaturgie: Torsten Buß
Die Premiere von „Der Gott des Gemetzels“ findet im Rahmen eines Silvesterprogramms statt.
Fr,
13. Januar 19:30 Große Bühne
So,
29. Januar 19:30 Große Bühne
Sa,
11. Februar 19:30 Große Bühne
Do,
23. Februar Stadttheater Aschaffenburg
Fr,
24. Februar Stadttheater Aschaffenburg
So,
26. Februar 16:00 Große Bühne
Sa,
18. März 19:30 Große Bühne
Do,
13. April 19:30 Große Bühne
Fr,
12. Mai 19:30 Große Bühne
Do,
25. Mai 19:30 Große Bühne