Sie lügen, dass sich die Balken biegen. Flunkerei hat eine lange Tradition. Schon Odysseus war ein Meisterlügner, wenn auch von anderer Art als Münchhausen. Selten hat in der deutschen Literatur eine Kunstfigur solche Beliebtheit erlangt wie der geniale Lügenbaron „Münchhausen“ mit seinen Aufschneidereien. Satirischer Humor und wahre literarische Fabulierkraft verbinden sich in den Münchhausiaden zu einer zeitlosen Originalität.
Münchhausen ist ein Selfmademan: kraft seiner Geistesgegenwart, Körperstärke und seines Mutes schmiedet er unglaubliche Erfolge. Blitzschnell dreht er jeden Nachteil zu seinem Vorteil um und zieht sich gar an seinem eigenen Zopf aus dem Sumpf. Münchhausen ist autonom, auf Hilfe ist er selten angewiesen. Der Lügenbaron Münchhausen stellt mit ungezähmter Phantasie und unglaublicher Prahlerei die Welt auf den Kopf. Da ist kaum eine Persönlichkeit, die Münchhausen nicht kennen gelernt hat, kein Abenteuer, das er nicht durchlebt hätte. Ob er nun zum Mond fliegt oder auf dem Meeresgrund spaziert, gegen die Türken ins Feld zieht - Münchhausens Leben gleicht einem einzigen großen Ritt auf der Kanonenkugel.
Ursprünglich anonym in englischer Sprache erschienen, erhielt das Buch durch den Sturm-und-Drang-Dichter Gottfried August Bürger seine klassische Gestalt.
Gottfried August Bürger wurde am 31.12.1747 in Molmerswende bei Quedlinburg geboren. Er studierte Jura und wurde 1772 Amtmann in der Gerichtshalterstelle zu Alten-Gleichen mit Sitz in Gelliehausen bei Göttingen. Die Stelle brachte viel Arbeit, finanziell aber wenig ein. Mannigfache Versuche, seinen Sorgen zu entgehen, schlugen fehl. Kurz nach der Heirat mit Dorette Leonhardt 1774 verliebte er sich in deren Schwester Auguste, die »Molly« seiner Gedichte. Nach zehn Ehejahren starb Dorette, im folgenden Jahr heiratete Bürger Auguste, diese starb aber schon nach siebenmonatiger Ehe. 1784 wurde er Privatdozent an der Göttinger Universität, wo er bis zu seinem Tode Vorlesungen und Übungen über Ästhetik, Stilistik, deutsche Sprache und Philosophie hielt. 1787 erhielt er die Ehrendoktorwürde, 1789 wurde er zum a. o. Professor ernannt, musste sich aber weiterhin unterordnen, da er keine feste Anstellung bekam. Seine unglückliche dritte Ehe wurde 1792 geschieden, gesellschaftlich isoliert starb er am 8.6.1794 in Göttingen an Schwindsucht.
Szenische Einrichtung: Knut Weber | Kostüme: Ursina Zürcher
Mit: Michael Rademacher, Kurt Müller-Graf, Hannes Fischer
Weitere Vorstellungen: 13.12., 14.12. und 21.12. 2008