"Das Thema deutsch-deutsche Geschichte beschäftigt uns", so Ragna Schirmer. Sie selbst wurde in Hildesheim geboren, lebt jetzt in Halle an der Saale. Einteilungen in Ost und West würden immer noch tief in den Köpfen der Gesellschaft sitzen. Wie klang die DDR? Diese Frage sei deswegen aktueller denn je. Welche Aussagen waren politisch, welche privat? Eine Anfrage des MDR Musiksommers nach einem Programm von Lyrik und Musik aus der DDR gab den Ausschlag für dieses Album. Die drei befreundeten Künstler entdeckten neues, teilweise unveröffentliches Material. In der Zeitschrift "Piano News" schreibt Ragna Schirmer, dass sie in Zusammenarbeit mit dem Journalisten und Dramaturgen Stefan Petraschewsky Menschen ihres Umfelds nach deren Lieblingsgedichten gefragt hätten. Das Politische sei stets untrennbar mit dem Leben in der DDR verbunden gewesen.
So wurde der scheinbar umfassende Begriff "Frieden" vom System ideologisch missbraucht und umgedeutet. Dies betreffe auch Gedichte von Bertolt Brecht oder Johannes R. Becher. Paul Dessau beispielsweise erlebte nach seiner Rückkehr aus der Emigration als jüdischer Komponist den Sozialismus als eine Lebensform, an die er glaubte. Trotzdem geriet er in Konflikt mit der DDR. Georg Trexler blieb Kirchenmusiker und der gebürtige Österreicher Hanns Eisler wurde vom Staat als Komponist der Nationalhymne vereinnahmt. Davon erzählt diese CD. Selbstverständlich sei eine Zeitspanne von vier Jahrzehnten zu kurz, um Musik und Lyrik als typisch zu klassifizieren, bemerkt Ragna Schirmer. Ein Dichter oder eine Komponistin, die zur Zeit der DDR-Gründung in der Mitte ihres Leben standen, hätten diese Epoche völlig anderes erlebt als jemand, der in die DDR hineingeboren worden sei.
Davon berichten die suggestiven Gedichte von Sarah Kirsch ("Trauriger Tag", "Landaufenthalt", "Jemand bekommt Kohlen"). Auch Texte von Volker Braun, Thomas Brasch, Heinz Kahlau oder Wolf Biermann ("Ermutigung") lassen das triste Leben in der DDR in eindringlicher Weise Revue passieren: "Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit..." Und Matthias Daneck ergänzt als Schlagzeuger, dass sich durch die Beschäftigung mit Kompositionen aus der damaligen DDR ein spannender und vielschichtiger Kosmos eröffnet habe. So gewinnt man hier einen spannenden Einblick in Lyrik und Musik der DDR in den Jahren 1949 bis 1990.
Die existenziellen Nöte und Ängste der Menschen spiegeln sich nicht nur in der Lyrik von Thomas Brasch. Zugleich bejaht beispielsweise Volker Braun den Sozialismus, obwohl er ihn kritisiert. Und die marxistisch-agitatorische Haltung Bertolt Brechts schimmert auch bei seinen hier zu hörenden "Buckower Elegien" aus dem Jahre 1953 durch, die Axel Ranisch punktgenau vorträgt. So ist ein interessanter Einblick in die DDR-Kultur entstanden.