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3. SPOKEN ARTS FESTIVAL in Stuttgart | Das Festival der Uraufführungen beleuchtet die deutsche Nachkriegszeit

vom 14. bis 19. November 2024

Die dritte und finale Ausgabe des SPOKEN ARTS FESTIVALS widmet sich einer Epoche, die unsere Gegenwart wie im Spiegel zeigt, seitenverkehrt. Die finsteren zwölf Jahre des Nationalsozialismus gehörten scheinbar der Vergangenheit an, der Blick nach vorn verhieß eine prosperierende, moderne Gesellschaft. Wir Heutigen dagegen? Hypothetisch vor die Wahl gestellt, würde sich die Mehrheit wahrscheinlich das Leben der letzten Jahrzehnte zurückwünschen und die krisengeschüttelte Gegenwart zum Teufel.

 

Copyright: Björn Klein

Doch da Kontraste bekanntlich die Fantasie entzünden, verspricht die künstlerische Beschäftigung mit den „Wirtschaftswunderjahren“ eine Menge Aha-Erlebnisse. Programmatisch eingelöst hat dieses Versprechen der Künstlerische Leiter des Festivals Joachim A. Lang, der mit Führer und Verführer und aktuell Cranko gleich zwei große Erfolge im deutschen Kinojahr 2024 landete.

Wie bei den zwei vergangenen Ausgaben konnte Lang die Crème de la crème deutscher Darsteller*innen für das Festival mit ins Boot holen, darunter Franziska Weisz, Iris Berben, Christian Brückner, Claudia Michelsen, Hanna Plaß, Kammersänger Matthias Klink, Peter Kurth, Kida Khodr Ramadan, Albrecht Schuch und Thomas Thieme. Sie alle wollen sich die Chance nicht entgehen lassen, Teil dieses singulären Festivalprojekts zu sein: das Wort in Verbindung zu setzen mit den performativen Schwesterkünsten Musik, Tanz und Theater. Gegossen in Programme, die als Uraufführungen sämtlich für SPOKEN ARTS entwickelt wurden.

Zum Auftakt am 14. November 2024 umreißt der Große Eröffnungsabend unter dem Motto „Daß ein gutes Deutschland blühe“ den weiten Horizont des Festivals – ein Zeitgemälde aus Musik, Texten, Tanz, Film- und Tondokumenten. Neben heiter-ironischen Programmen wie dem Schlagerabend Wir Sind Wieder Wer oder der Revue Sieben Rosen hat der Strauch machen besonders zwei Inszenierungen die Widersprüche und Lebenslügen der Nachkriegsepoche augenfällig: die literarisch-musikalische Collage Wundersame Wandlung mit Texten aus Wolfgang Koeppens Tauben im Gras und Max Frischs Stiller sowie die szenische Lesung von Peter Weiss’ Die Ermittlung mit dem Sprechensemble der veranstaltenden Akademie für gesprochenes Wort. Den Schlusspunkt am 19. November 2024 setzen Franziska Weisz, Thomas Thieme sowie Kammersänger Matthias Klink. „Ich bin ein Berliner“. Große Reden und Texte der Zeit entwirft noch einmal ein großes Panorama der deutschen Nachkriegszeit.
Möglich machen all dies und mehr die Förderung durch die Landeshauptstadt Stuttgart, die Baden-Württemberg Stiftung und die Wüstenrot Stiftung – und ein passioniertes Team.

„Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.“
Bertolt Brecht, Kinderhymne (1950)

Donnerstag, 14. November 2024 bis Dienstag, 19. November 2024
3. SPOKEN ARTS FESTIVAL
Eine Veranstaltung der Akademie für gesprochenes Wort, Stuttgart
Künstlerische Leitung: Joachim A. Lang
Locations: Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Im Wizemann, Erinnerungsort Hotel Silber, Dürnitz Kulturlounge im Landesmuseum Württemberg, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Theater der Altstadt, Theaterhaus Stuttgart

Das SPOKEN ARTS FESTIVAL eröffnet Resonanzräume – zwischen dem Wort und den anderen darstellenden Künsten ebenso wie zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Erdacht wurde es von Joachim A. Lang, in Zusammenarbeit mit Annikke Fuchs-Tennigkeit und Uta Kutter von der Akademie für gesprochenes Wort. Der renommierte Filmregisseur (Führer und Verführer, aktuell Cranko) und langjährige Leiter des Brechtfestivals Augsburg zeichnet als Künstlerische Leiter auch verantwortlich für das Programm.

Der Fokus der ersten Ausgabe 2022 lag auf der schillernden Dekade der 1920-er Jahre, in denen noch alles möglich schien, der Fokus der zweiten auf den zwölf dunklen Jahren des Nationalsozialismus. Im Dezember 2023 tauchten unter anderem Robert Stadlober, Claudia Michelsen, Nina Kunzendorf und Lars Eidinger ein in die vom Mut der Verzweiflung getragenen Werke von Autor*innen wie Mascha Kaléko, Paul Celan, Else Lasker-Schüler, Bertolt Brecht oder Lisa Fittko. Den unvergesslichen, tief emotionalen Schlusspunkt setzte die Lesung der Holocaust-Überlebenden Eva Umlauf, Ernst Grube, Leon Weintraub und Eva Szepesi.

Das Festival-Triple geht nun mit der Nachkriegszeit zu Ende, genauer den Jahren ab der Kapitulation bis zu den Anfängen der NS-Aufarbeitung mit dem ersten Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965. Unverändert bleibt das Qualität garantierende Prinzip: der Premierencharakter in Kombination mit herausragenden Künstlerpersönlichkeiten. Denn die SPOKEN ARTS-Produktionen sind ausschließlich „Maßanfertigungen“ für das Festival, häufig entwickelt von den Künstler*innen selbst.

Das Programm 2024 im Überblick

Großer Eröffnungsabend unter dem Festivalmotto „Daß ein gutes Deutschland blühe“ mit Musik, Texten, Tanz, Film- und Tondokumenten. Schauspielerinnen aus drei Generationen – Iris Berben, Claudia Michelsen, Hanna Plaß – sind ebenso mit von der Partie wie Thomas Thieme, Kida Khodr Ramadan, Maria Theresa „Gigi“ Ullrich und Gauthier-Dance-Tänzerin Bruna Andrade, die Marco Goeckes Solo Infant Spirit performen wird. Für den musikalischen Rahmen sorgen Dirigent Nicholas Kok (Staatsoper Stuttgart) und die eigens zusammengestellte SPOKEN ARTS-Band mit Karoline Höfler (Kontrabass) und Ruth Sabadino (Saxophon).
Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Mozartsaal am Donnerstag, 14. November 2024 um 19:00 Uhr

Pierre Kretz, Lesung aus Der Seelenhüter und Gespräch
Etwa 200.000 Elsässer kämpften im 2. Weltkrieg für das NS-Regime in Russland, zwangseingezogen wie auch freiwillig rekrutiert. Dieses wenig bekannte Kapitel der deutsch-französischen Geschichte greift Pierre Kretz, politischer Essayist, Romancier, Dramatiker und Johann-Peter-Hebel-Preisträger, in Der Seelenhüter auf. Selbst 1950 im Elsass geboren, erzählt er in seinem Roman von den Mühen der Aufarbeitung in Frankreich und der Zerrissenheit der ehemaligen Hitler-Soldaten. Pierre Kretz, bekannt als leidenschaftlicher Diskutant, liest auf Deutsch.
Erinnerungsort Hotel Silber am Freitag, 15. November 2024 um 19:00 Uhr

Kein SPOKEN ARTS FESTIVAL ohne dieses Battle: Bei Dead or Alive?! kochen die Emotionen, wenn die Poetry Slammer*innen Luca Swieter, Florian Wintels und Flemming Witt in einen temporeichen Wettstreit mit der Literatur von damals treten – zum Leben erweckt unter anderem vom Sprechensemble der Akademie für gesprochenes Wort. Moderation: Marius Loy.
Im Wizemann am Freitag, 15. November 2024 um 20:00 Uhr, in Kooperation mit der Rosenau Stuttgart

Peter Weiss, Die Ermittlung
Eine Lesung mit Jule Hölzgen, Orlando Schenk, Dorothea Baltzer und Gerald Friese (Akademie für gesprochenes Wort). Künstlerische Leitung: Timo Brunke
Nur wenige Monate nach Ende des ersten Auschwitz-Prozesses 1965 erlebte das dokumentarische „Oratorium in 11 Gesängen“ seine spektakuläre Ring-Uraufführung an 15 west- und ostdeutschen Theatern sowie bei der Royal Shakespeare Company London. Der Autor konfrontiert die ausweichenden Aussagen der Täter mit den Zeugenaussagen der Inhaftierten, die uns in Form von „Gesängen“ mitten ins Grauen des Konzentrationslagers versetzen.
Erinnerungsort Hotel Silber am Samstag, 16. November 2024 um 18:00 Uhr, in Kooperation mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Vorbereitend zum Thema „NS-Verbreche(r)n vor Gericht“ gibt es um 16:30 Uhr eine Überblicksführung durch die Sonderausstellung im Erinnerungsort Hotel Silber.

Wir Sind Wieder Wer. Schlager und Chansons der jungen Bundesrepublik
Mit einem bunten Kessel Musik seziert Hanna Plaß augenzwinkernd die Geburtsstunde des Schlagers: Sehnsucht, Weltflucht, Kitsch und große Gefühle. Während die Älteren die Vergangenheit schnell vergessen wollten, schwärmten die Jugendlichen für Nietenhosen und Petticoats. Entsprechend vielschichtig war der Soundtrack des Wirtschaftswunders – denn die Melodien zum Träumen halfen zugleich, schlimme Erinnerungen auf Abstand zu halten.
Dürnitz Kulturlounge am Samstag, 16. November 2024 um 20:00 Uhr, in Kooperation mit dem Landesmuseum Württemberg

Die Wahl von Tauben im Gras als Pflichtlektüre für Abiturient*innen an beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg führte 2023 zu einer heftigen Kontroverse. Grund war der häufige Gebrauch des „N-Worts“ in Wolfgang Koeppens Roman von 1951. Ein Kompromiss wurde gefunden und erlaubt den Lehrkräften, nun selbst zu entscheiden, ob sie das Werk mit ihren Schüler*innen lesen oder nicht. In Kooperation mit dem Haus der Geschichte tauschen sich Expert*innen und Betroffene über den Umgang mit Sprache und Literatur aus – unkonfrontativ und mit Verständnis für die jeweils andere Seite. Durch das Gespräch führt SWR1 Leute-Moderator Nabil Atassi.
Haus der Geschichte Baden-Württemberg am Sonntag, 17. November 2024 um 16:00 Uhr, in Kooperation mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Vorbereitend zum Thema „Demokratie und Teilhabe“ gibt es um 14:30 Uhr eine Führung durch die Dauerausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg.

Diesem Anfang wohnte ein Zweifel inne … Zwischen Aufschwung im Westen und der großen sozialistischen Verheißung im Osten war das geteilte Deutschland bestimmt von der Suche nach Identität. In der literarisch-musikalischen Collage Wundersame Wandlung beamen uns Texte aus Wolfgang Koeppens Tauben im Gras und Max Frischs Stiller mitten hinein in die 50-er Jahre, Widersprüche inklusive. Eine Kooperation mit sagas ensembles unter der künstlerischen Leitung von Martin Mühleis. Mitwirkende: Albrecht Schuch, Christian Brückner, Peter Kurth, Ricky Watson sowie die Musiker Joo Kraus (Trompete), Veit Hübner (Kontrabass) und Torsten Krill (Schlagzeug).
Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Mozartsaal am Sonntag, 17. November 2024 um 19:00 Uhr

Sieben Rosen hat der Strauch. Ein Abend mit Susanne Heydenreich
Die Stuttgarter Intendantin, Regisseurin und Schauspielerin Susanne Heydenreich taucht ein in den musikalischen Kosmos der Nachkriegszeit und lässt sich dabei unter anderem von Bertolt Brecht, Kurt Weill, Paul Dessau, Hanns Eisler und Hildegard Knef inspirieren. Entsprechend vielseitig und -schichtig ist die Song-Auswahl, mit Klassikern und Hits wie Als ich nachher von dir ging, Und es sind die finstern Zeiten, Die Liebste gab mir einen Zweig oder Ich hab noch einen Koffer in Berlin.
Theater der Altstadt am Montag, 18. November 2024 um 19:30 Uhr

„Ich bin ein Berliner“. Große Reden und Texte der Zeit
Diesmal als Abschlussabend des Festivals wird es wie bei den vorhergehenden Ausgaben ein Programm mit wegweisenden Reden und Texten der Zeit geben, diesmal aus der Feder von Hannah Arendt, Ingeborg Bachmann, Thomas Mann, Kurt Schumacher, Willy Brandt, Hans Magnus Enzensberger, Helene Weber sowie John F. Kennedy. Das breit gefächerte Panorama der politischen und gesellschaftlichen Nachkriegsrealität entfalten Franziska Weisz und Thomas Thieme sowie Kammersänger Matthias Klink mit seiner Blues-Rock-Soul-Formation JABB.
Theaterhaus Stuttgart am Dienstag, 19. November 2024 um 19:30 Uhr

Mehr unter: www.spoken-arts-festival.de


Tickets
Karten für SPOKEN ARTS gibt es online auf der Website des Festivals. Zum Bestellen einfach bei jedem Programmpunkt den Ticket-Button anklicken.

Über die Akademie für gesprochenes Wort – Uta Kutter Stiftung

Von Prof. Uta Kutter im Jahr 1993 gegründet, hat sich die Akademie für gesprochenes Wort der Förderung von Sprache und Dichtung als Live-Erlebnis verschrieben. Die Akademie vermittelt die Kultur der freien Rede, des Dialogs und der Diskussion und nimmt dabei vor allem die Sprech- und Vortragskunst in den Blick. Das Kulturangebot umfasst künstlerische Programme – häufig entwickelt und aufgeführt vom Sprechensemble der Akademie –, Seminare und Vortragsreihen sowie die Biennale Internationale Stuttgarter Stimmtage und das SPOKEN ARTS FESTIVAL.
Mehr unter: www.gesprochenes-wort.de

Das SPOKEN ARTS FESTIVAL findet vom 14. bis 19. November 2024 statt.
Idee und Konzeption: Annikke Fuchs-Tennigkeit, Uta Kutter, Joachim A. Lang
Künstlerische Leitung: Joachim A. Lang.
Veranstaltet von der Akademie für gesprochenes Wort
Gefördert von der Landeshauptstadt Stuttgart, der Baden-Württemberg Stiftung sowie von der Wüstenrot Stiftung.

 

 

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